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Jane Õispuu

Die Sozialisation der osteuropäischen Abgeordneten in das Europäische Parlament. Eine Analyse am Beispiel der EVP-ED-Fraktion

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2011 (Integration Europas und Ordnung der Weltwirtschaft 37); 302 S.; 79,- €; ISBN 978-3-8329-6220-3
Politikwiss. Diss. Tübingen; Begutachtung: R. Hrbek. – Im Zuge der EU-Osterweiterung 2004 wurde die Befürchtung geäußert, die europäischen Institutionen könnten durch den großen Zuwachs ihre Effektivität einbüßen. Angesichts der Tatsache, dass das Europäische Parlament eine hohe Zahl an Abgeordneten zu integrieren hatte, fragt Õispuu, welche Prozesse und Faktoren dafür verantwortlich sind, dass das Parlament beziehungsweise dessen Fraktionen trotzdem handlungsfähig geblieben sind. Dies sei, so ihre These, auf erfolgreich abgelaufene Lern- und Sozialisationsprozesse zurückzuführen. Ihrer Analyse legt sie den Sozialisationsansatz von Jeffrey Checkel zugrunde. Am Beispiel der EVP-ED-Fraktion zeigt sie, dass die neuen Abgeordneten im Untersuchungszeitraum 2004 bis 2008 schnell die Arbeitsmethoden und -praktiken adaptiert haben und so die Stabilität und Effizienz der Institution gewährleistet wurde. Dies gelte jedoch nicht für alle Mitglieder in gleichem Maße, sondern vor allem für die, die im EP führende Positionen übernommen haben. Anfänglich sei den neuen Abgeordneten das System des parlamentarischen Arbeitens auf europäischer Ebene fremd gewesen, da es sich erheblich von dem der nationalen Parlamente unterscheidet. Dass die Sozialisation dennoch gelang, wertet die Autorin als Beleg dafür, dass bei den neuen Europaabgeordneten „tatsächlich Lernprozesse“ (261) stattgefunden haben, die später zu deren Sozialisation entscheidend beigetragen haben. Die Parlamentarier zeigten sich deshalb so lernbereit, weil sie überwiegend „‚demokratisch’ in die Arbeits- und Kommunikationswege der Fraktion einbezogen wurden“ (261) – die Art der Kommunikation, die argumentativen Überzeugungsprozesse seien also für die Sozialisation förderlich gewesen. Neben Faktoren auf europäischer Ebene beeinflussten, so Õispuu, auch nationale Umstände den europäischen Sozialisationsprozess, wie etwa geringe administrative Kapazitäten der nationalen Parteien. In diesem Falle seien die Parlamentsmitglieder relativ frei und machten verstärkt von den Fraktionsressourcen Gebrauch. Õispuu sieht ihre Ausgangsthese bestätigt, wonach in der erfolgreichen Sozialisation der neuen MdEPs der Grund für die Handlungsfähigkeit des Europäischen Parlaments auch nach der Osterweiterung zu sehen ist.
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 3.3 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Jane Õispuu: Die Sozialisation der osteuropäischen Abgeordneten in das Europäische Parlament. Baden-Baden: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33707-die-sozialisation-der-osteuropaeischen-abgeordneten-in-das-europaeische-parlament_40369, veröffentlicht am 01.12.2011. Buch-Nr.: 40369 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken