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Matthias Müller

Die SPD und die Vertriebenenverbände 1949-1977. Eintracht, Entfremdung, Zwietracht

Berlin: Lit 2013 (Politik und Geschichte 8); VIII, 603 S.; 59,90 €; ISBN 978-3-643-11786-1
Diss. Gießen; Begutachtung: H.‑J. Schröder, W. Speitkamp. – Trotz einiger Versuche der Annäherung in den vergangenen Jahren sei das Verhältnis zwischen der SPD und den Vertriebenenverbänden noch immer angespannt, schreibt Matthias Müller. Dass diese Beziehungen jedoch nicht immer problematisch waren, legt er in dieser umfangreichen Dissertation dar. Der Autor untersucht das Verhältnis zwischen Sozialdemokraten und den Organisationen der Vertriebenen zwischen 1949 und 1977, das er in vier Phasen gliedert: Phase eins – er bezeichnet sie als „Prolog“ (33) – erstreckt sich auf die Jahre zwischen 1949 und 1959. In denen habe sich der erste Austausch zwischen der SPD und den Vertriebenen angebahnt, es seien die deutschlandpolitischen Weichen gestellt sowie die Gründungsgeschichte des Bundes der Vertriebenen (BdV) diskutiert worden. Phase zwei, der Zeitraum von 1960 bis 1965, sei durch Eintracht zwischen beiden Akteuren charakterisiert gewesen. In dieser Zeit habe die SPD zahlreiche vertriebenenfreundliche Initiativen gefördert, die ein freundschaftliches Verhältnis zwischen der Partei und den Vertriebenen begründeten. Mit Beginn der Großen Koalition 1966 – Phase drei – lassen sich jedoch laut Müller Entfremdungsprozesse feststellen, die er auf einen „ostpolitischen Schlingerkurs der SPD“ (8) zurückführt. Das Auseinanderleben müsse zudem immer vor dem Hintergrund der einstmals gemachten Versprechen der SPD – wie etwa Willy Brandts Aussage, keine Ostpolitik hinter dem Rücken der Vertriebenen machen zu wollen – interpretiert werden. Diese Versprechen hätten Erwartungen geweckt, die durch das gegenteilige Handeln der SPD enttäuscht worden seien, sodass die Rede vom „Verrat“ (61) aufgekommen sei. Phase vier sieht der Autor durch zwei Zeiträume charakterisiert: Der Abschnitt zwischen 1970 und 1973 sei angesichts der Ostpolitik Brandts durch Zwietracht geprägt. Spätestens mit der Ratifizierung der Ostverträge 1972 sei das Verhältnis zwischen SPD und Vertriebenenverbände dann als stark beschädigt zu bezeichnen, was sich auch darin gezeigt habe, dass wichtige Personen des BdV die SPD verließen und der CDU beitraten. Die Jahre von 1974 bis 1977 bezeichnet Müller dann als Phase der „Nachhutgefechte“ (521). In ihr wurde deutlich, wie unumkehrbar sich die beiden Akteure voneinander entfernt hatten. Ob diese historischen Einblicke dazu beitragen – wie der Autor hofft –, dass der schon angestoßene gegenwärtige Annäherungsprozess weiterhin befördert wird, bleibt abzuwarten.
Jan Achim Richter (JAR)
Dipl.-Politologe, Doktorand, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.331 | 2.313 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Matthias Müller: Die SPD und die Vertriebenenverbände 1949-1977. Berlin: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36580-die-spd-und-die-vertriebenenverbaende-1949-1977_44365, veröffentlicht am 09.01.2014. Buch-Nr.: 44365 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken