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Winfried Schneider-Deters

Die Ukraine: Machtvakuum zwischen Russland und der Europäischen Union

Berlin: BWV Berliner Wissenschafts-Verlag GmbH 2014; IX, 639 S.; 2. Auflage; 59,- €; ISBN 978-3-8305-3353-5
Winfried Schneider‑Deters liefert mit der zweiten Auflage seines im Jahr 2012 erstmals erschienenen Buches eine tiefgehende Betrachtung der Ukraine vor dem Hintergrund ihrer geografisch‑politischen Lage zwischen Europa und Russland. Seine Darstellung basiert auf einer ausführlichen Analyse der Innen‑ und Außenpolitik des Landes für den Zeitraum von 2008 bis 2012. Den Entwicklungen seit 2012 ist ein Vorwort gewidmet. Ausgangspunkt der Untersuchung ist die Lokalisierung der Ukraine im Zentrum eines – von Schneider‑Deters mit den Begriffen „integrationspolitisches Niemandsland“ (34) und „Zwischeneuropa“ (35) belegtes – machtpolitischen Vakuums, aus dem sich eine „Integrationskonkurrenz“ (39) zwischen EU und Russland ergeben habe. Auf russischer Seite resultiere diese aus Moskaus Führungsanspruch im postsowjetischen Raum, wirtschaftlichen Interessen und historisch‑identitären Bindungen. Auf europäischer Seite erhalte diese Konkurrenz ihre Dynamik aus der Nachbarschaftspolitik der EU und einem im Rahmen der NATO angestrebten „‚euro‑atlantische[n]’ Integrationsprojekt der USA“ (103). Aufhorchen lässt den Leser ein bereits an dieser Stelle (zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im Jahr 2012) von Schneider‑Deters aufgeworfenes Szenario eines „neuen ‚Krim‑Kriegs’ im XXI. Jahrhundert“ (62). Aufbauend auf einer ausführlichen Darstellung der innenpolitischen Dynamiken, relevanten Spieler und Interessenskonstellationen des Landes schließt Schneider‑Deters für die Ukraine aus, jenseits einer Europa‑ oder Russlandbindung eine realistische Perspektive auf den Status einer neutralen, „eigenständige[n]‚ geopolitischen Entität in Europa“ (439) zu besitzen. Folgt man dieser Deutung, wirkt die im vierten Teil hergeleitete Handlungsalternative ambitioniert. Demnach geht es nicht nur darum, die Rolle der Ukraine „als politisch‑kulturelle ‚Europäische Kontinentalwasserscheide’“ (615) und „gesamteuropäische[n] Faktor“ (618) anzuerkennen. Zur Überwindung der Teilung der Ukraine – und damit Europas – sieht Schneider‑Deters die Notwendigkeit einer Aufnahme des Landes in die EU bei einem parallelen Interessenausgleich mit Russland durch eine Neutralitätsverpflichtung der Ukraine, mit der ein NATO‑Beitritt ausgeschlossen würde. Hintergründige Bedingung hierfür sei die „‚Europäisierung’ Russlands, d.h. einer affirmativen Anerkennung der Zughörigkeit Russlands zu ‚Europa‘“ (626) und das Eingehen auf russische pan‑ bzw. gesamteuropäische Initiativen. Nicht eingegangen wird an dieser Stelle auf die entscheidende Frage, inwiefern dies überhaupt im Interesse Russlands lag oder liegt.
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Rubrizierung: 4.412.622.612.212.224.224.3 Empfohlene Zitierweise: Christian Patz, Rezension zu: Winfried Schneider-Deters: Die Ukraine: Machtvakuum zwischen Russland und der Europäischen Union Berlin: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38765-die-ukraine-machtvakuum-zwischen-russland-und-der-europaeischen-union_46944, veröffentlicht am 20.08.2015. Buch-Nr.: 46944 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken