
Die verfassungsrechtlichen Grenzen der exekutiven Normsetzung in Bolivien. Ursprünge, rechtsvergleichende Dogmatik und Praxis
Diss. Speyer; Begutachtung: K.‑P. Sommermann, K. E. Gebauer. – „Die Normsetzung der Exekutive Boliviens dehnt sich auf zahlreiche untergesetzliche Formen aus. Die Ziehung einer scharfen Grenze zwischen den notwendigerweise durch Parlamentsgesetze zu regelnden und den durch untergesetzliche Normsetzungen regelbarer Gegenstände ist bisher noch nicht gelungen“ (18), schreibt Maria Virginia Lorena Ossio Bustillos. Etwa ein Viertel des Buches ist der Rechtsgeschichte Boliviens gewidmet, dabei konzentriert sich die Autorin insbesondere auf die spezifische Rechtskultur. Detailliert werden die verschiedenen Rechtsgewohnheiten der indigenen Völker Boliviens erläutert. Sie beweist eine profunde Kenntnis der indigenen Rechtssysteme, die sich strukturell von den europäischen stark unterscheiden. Um die exekutive Normsetzung, Kern der Publikation, angemessen beurteilen zu können, wird diese Praxis im lateinamerikanischen Kontext, also mit anderen Ländern der Region, verglichen. So erfahren die Leser_innen auch von landesspezifischen Gegebenheiten in Peru oder Chile. Bustillos greift ebenfalls auf empirische Ergebnisse von Feldstudien zurück, in denen es um eine Analyse der Rechtsetzungspraxis in Bolivien geht. Die Verfasserin spart dabei auch nicht mit Kritik an Präsident Evo Morales. Bustillos resümiert, dass Verfassung und rechtliche Normen in der bolivianischen Gesellschaft im Allgemeinen kaum akzeptiert waren und sind, was den Nährboden für eine weitverbreitete exekutive Normsetzung in Form präsidentieller Dekrete schafft. Insgesamt entsteht somit ein Werk, das nicht nur für Lateinamerika‑Interessierte von Bedeutung sein kann. Lediglich der sehr umfangreiche Fußnoten‑Apparat verhindert ein flüssiges Lesen. Um der Arbeit komplett folgen zu können, empfehlen sich profunde Spanisch‑ und Portugiesisch‑Kenntnisse.