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Claudio Franzius / Ulrich K. Preuß

Die Zukunft der europäischen Demokratie

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2012 (Recht und Politik in der Europäischen Union 2); 181 S.; brosch., 48,- €; ISBN 978-3-8329-7684-2
Der Band ist aus einer Studie hervorgegangen, die Franzius und Preuß Ende 2011 im Auftrag der Heinrich Böll Stiftung vorgelegt haben. Ausgangspunkt der Untersuchung bildet die Feststellung, dass aus der Schuldenkrise „längst eine Legitimationskrise der EU“ geworden ist. Den Autoren ist zuzustimmen, dass diese Art von Krise nicht alleine durch Verbesserungen der „Economic Governance oder durch die Einrichtung einer europäischen Wirtschaftsregierung“ (5) zu beheben ist. Ihre theoretische Analyse soll deshalb der „Erarbeitung einer Grundlage für politische Forderungen nach Stärkung der europäischen Demokratie“ dienen. Bemerkenswert ist, dass die Autoren mehrfach betonen, dass die bereits existierenden Verträge zum Verhältnis zwischen EU und Mitgliedstaaten grundsätzlich demokratiefreundlich sind. Eine weitere Demokratisierung verlange mithin nicht notwendigerweise – wie immer wieder öffentlichkeitswirksam postuliert – die „Vereinigten Staaten von Europa“ (6). Um ihre Argumentation zu entfalten, stellen Franzius und Preuß den Status quo und die unterschiedlichen Demokratieverständnisse dar, die in der „No‑demos‑Debatte“ (30) aufeinandergeprallt sind. Mit Blick auf die von ihnen untersuchten Demokratisierungsansätze ist ihr Verständnis „multinationaler Demokratie“ (41) bedeutsam. Denn Franzius und Preuß gehen von einer zweifachen Legitimationsquelle europäischer Demokratie aus: dem EU‑Parlament und den nationalen Parlamenten. Dabei lassen sie jedoch keinen Zweifel daran, dass das EU‑Parlament zwar „ein bedeutender Machtfaktor“ im „eigenwilligen Gefüge der EU‑Institutionen“ ist, in der Öffentlichkeit jedoch „kaum Profil hat“ (53). Abschließend unterziehen die Autoren die breite Palette an Vorschlägen zur Demokratisierung der EU einer vornehmlich rechtlichen bzw. rechtspolitischen Bewertung. Dazu zählen neben dem Wahlrecht, den europäischen Parteien und direktdemokratischen Elementen unter anderem auch die Stärkung europäischer und nationaler Institutionen sowie der Ausbau von Partizipationsrechten. In ihrem unaufgeregten, aber durchaus optimistischen Duktus, der das gesamte Buch in angenehmer Weise auszeichnet, kommen Franzius und Preuß dabei zu dem Schluss, dass nicht „jedes Problem […] eine Krise“ darstellt. Denn „institutionelle Lösungen, die für die Demokratisierung der Europäischen Union notwendig sind, dürfen nicht auf einer angenommenen, festen Basis an Gemeinsinn gründen“, müssen aber gleichwohl „dazu imstande sein, eine solche zu schaffen“ (168). Kurz gesagt gilt es also, die Union nicht mit überzogenen demokratietheoretischen Forderungen zu überfrachten, die selbst im nationalstaatlichen Kontext nicht erfüllt sind.
Henrik Scheller (HS)
Dr. phil., Dipl.-Politologe, wiss. Mitarbeiter, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl Politik und Regieren in Deutschland und Europa, Universität Potsdam.
Rubrizierung: 3.2 | 3.1 | 3.4 | 3.3 Empfohlene Zitierweise: Henrik Scheller, Rezension zu: Claudio Franzius / Ulrich K. Preuß: Die Zukunft der europäischen Demokratie Baden-Baden: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36341-die-zukunft-der-europaeischen-demokratie_43675, veröffentlicht am 31.10.2013. Buch-Nr.: 43675 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken