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Hubert Rottleuthner / Matthias Mahlmann

Diskriminierung in Deutschland. Vermutungen und Fakten

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2011 (Recht und Gesellschaft 3); 474 S.; 98,- €; ISBN 978-3-8329-5578-6
Nicht zuletzt aufgrund des langen und intensiven Bemühens der Europäischen Kommission ist der Gleichheitsschutz mittlerweile als europäisches Anti-Diskriminierungsrecht verankert; Deutschland hat diese unionsrechtliche Vorgabe mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) umgesetzt. Rechtlich bedeutet Diskriminierung die ungerechtfertigte, benachteiligende Behandlung von Personen; aus sozialwissenschaftlicher Perspektive indes kann diese Legaldefinition nur mit zusätzlichem Wissen über den jeweiligen Diskriminierungskontext auf die Realität bezogen werden. Dies gilt schon deshalb, weil nicht jedes Erleben von Benachteiligung sachlich wie normativ als Diskriminierung gewertet werden kann, umgekehrt können faktisch sehr wohl Diskriminierungen vorliegen, auch wenn sie unterhalb der individuellen oder kollektiven Wahrnehmung bleiben. Die Autoren der Studie sind sich dieser Problematik bewusst und haben ihren Untersuchungen einen an die Tatbestände des AGG anschließenden, sozialwissenschaftlich erweiterten Diskriminierungsbegriff zugrunde gelegt. Im Kern besteht die Studie zum einen aus einer Auswertung vorhandener empirischer Untersuchungen auf deutscher und europäischer Ebene, zum anderen aus einer Reihe eigener, 2009/2010 durchgeführter Erhebungen (Online-Umfrage, Medienanalyse, Befragung von Verbänden und Anwaltsbüros, Gerichtsanalysen). Die überwiegend deskriptiv gehaltenen Auswertungen orientieren sich an einem Raster, das die Befunde einerseits nach Lebensbereichen (u. a. Beschäftigung; Sozialschutz; Bildung) und andererseits nach Diskriminierungsmerkmalen (Alter; Behinderung; ethnische Herkunft/zugeschriebene Rasse; Religion/Weltanschauung; sexuelle Identität) zuordnet. Auch wenn das Auswahlprinzip hinsichtlich vorliegender Studien nicht näher erläutert wird, so ist doch ein wesentliches Ergebnis beider Teile, dass die Wahrnehmung von Diskriminierungen im hohen Maße perspektivisch gebrochen ist: Medien greifen überwiegend Fälle ethnischer beziehungsweise religiöser Diskriminierung auf, während Altersdiskriminierung offensichtlich nur für Gerichte Relevanz hat. Entstanden ist die Studie im Rahmen des EU-Programms PROGRESS.
Thomas Mirbach (MIR)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.35 | 2.3 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Hubert Rottleuthner / Matthias Mahlmann: Diskriminierung in Deutschland. Baden-Baden: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34228-diskriminierung-in-deutschland_41074, veröffentlicht am 01.03.2012. Buch-Nr.: 41074 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken