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Frank Schirrmacher

EGO. Das Spiel des Lebens

München: Karl Blessing Verlag 2013; 352 S.; geb., 19,99 €; ISBN 978-3-89667-427-2
Frank Schirrmacher vertritt die These, dass „nach dem Ende des Kalten Kriegs ein neuer Kalter Krieg im Herzen unserer Gesellschaft eröffnet“ wurde. Die zentrale Figur dieses Konflikts ist „Nummer Zwei“ (17), das von Schirrmacher so benannte moderne, auf algorithmisches Denken reduzierte Individuum. Dieses Individuum betreibt die Verabsolutierung ökonomischer Nutzenkalküle und trägt sukzessive zur Zerstörung zivilgesellschaftlicher, zwischenmenschlicher und kooperativer Strukturen bei. Ein totalitärer Alleinherrscher übernimmt die Macht in uns allen. Schirrmacher entwirft dieses Szenario facettenreich und beleuchtet es aus unterschiedlichen Perspektiven. Beginnend mit der Tradition des Schauerromans über die Anfänge der US‑amerikanischen Denkfabrik RAND Corporation bis hin zum Neobiologismus eines Craig Venter wird die Durchdringung des Menschen durch die Werk‑ bzw. Spielzeuge des Informationskapitalismus anschaulich beschrieben. Wen die nutzerangepassten Servicefunktionen wie das Kundenbindungsprogramm DeutschlandCard oder die Internetwerbung Google AdWords bereits mit Unbehagen erfüllen, der wird vor den umfassenden Strukturen und Instrumenten, die unser heutiges und zukünftiges Leben steuern (werden), erschauern. Für Trost und Zuversicht bleibt nur wenig Platz. „Vielleicht ist es ganz einfach: nicht mitspielen. Jedenfalls nicht nach den Regeln, die Nummer 2 uns aufzwingt. Es ist eine Entscheidung, die nur der Einzelne treffen kann – und die Politik. Die Chancen in Deutschland stehen gut, weil es die Realwirtschaft ist, die immer noch der Motor des Wohlstands ist.“ (287) Aber auch bei uns gilt es, die Widerständigkeit gegen die Zumutungen des Informationskapitalismus anzufachen. Es ist „Zeit, an den Ausweg zu denken.“ (286) Die Formulierung eines Programms zur Rückeroberung zivilgesellschaftlicher, emanzipatorischer Werte steht bei Schirrmacher allerdings noch aus. Es wird spannend zu sehen sein, inwiefern hier eine deutlichere Bezugnahme auf die Politik der Commons oder vergleichbarer alternativer Konzepte zukünftig erfolgen wird.
Thorsten Schumacher (THS)
M. A. (Politikwissenschaft, Philosophie, Öffentliches Recht), Referent im Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur.
Rubrizierung: 2.2 | 2.22 | 2.23 | 2.3 | 2.35 | 5.45 Empfohlene Zitierweise: Thorsten Schumacher, Rezension zu: Frank Schirrmacher: EGO. München: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/222-ego_43653, veröffentlicht am 28.03.2013. Buch-Nr.: 43653 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken