Skip to main content
Ulrich von Alemann / Eva G. Heidbreder / Hartwig Hummel / Domenica Dreyer / Anne Gödde (Hrsg.)

Ein soziales Europa ist möglich. Grundlagen und Handlungsoptionen

Wiesbaden: Springer VS 2015; 367 S.; softc., 49,99 €; ISBN 978-3-658-04951-5
Die deregulativen und regulativen Politiken der Europäischen Union sorgen für einen Standortwettbewerb angebotsorientierter Ökonomien innerhalb des Euroraumes. Distributive und redistributive Politiken sind auf der europäischen Politikebene, mit Ausnahme der dirigistischen Agrarpolitik, in keinem nennenswerten Umfang vorhanden. Seit Jahren weisen Politikwissenschaftler_innen auf die Notwendigkeit hin, das Projekt Europa durch die Implementation von aktiver Sozialstaatlichkeit auf der EU‑Ebene vor dem Kollaps durch ungleichzeitige Wirtschaftskrisen in den Mitgliedsstaaten zu bewahren: Der marktschaffenden müsse zwingend die marktkorrigierende Integration mit dem Ziel gleicher Lebensbedingungen in ganz Europa folgen. Der Sammelband reiht sich in die Vielzahl der Plädoyers für ein sozialeres Europa ein, belässt es aber nicht bei der Kritik des Status quo, sondern spielt auch ein wenig Utopia: Hervorzuheben sind in diesem Kontext der Artikel zu einer möglichen europäischen Arbeitslosenversicherung von Sebastian Dullien und Andreas Maurers Vorschläge zur Parlamentarisierung der europäischen Wirtschafts‑ und Währungspolitik. Die Gretchenfrage der Zukunft wird in der Tat sein, unter welchen politischen Rahmenbedingungen die Mitgliedstaaten zur Installation von sozialpolitischen Kompetenzkompetenzen auf der supranationalen EU‑Ebene bereit wären. Die Entscheidungsmodi der EU sorgen bei der gegenwärtigen Rechtslage dafür, dass der Einführung distributiver und redistributiver Politiken eine hohe Vetospielerdichte entgegensteht. Der Diskussion um die sozialere Ausrichtung der europäischen Integration ist insofern eine Reflexion auf die Realisierungsmöglichkeiten sozialer Reformideen beizugeben. Leider kommt die letzte Perspektive im Sammelband zu kurz. Als besondere Gabe sind den drei römischzahligen Gliederungsteilen des Sammelbandes dafür allerdings am Ende jeweils zwei Kommentare von Politiker_innen beigefügt. Die Leser_innen mögen selbst entscheiden, ob die Kommentare zweckgenau auf die wissenschaftlichen Teilgebiete und Artikel abgestimmt sind. Wenn man davon geht, dass Politiker_innen über das Wissen und personale Lösungskompetenzen im komplexen Gebiet der Europapolitik verfügen, wurde der Realitätscheck der sozialstaatlichen Reformideen im Zuge der Kommentare der Politiker_innen doch noch in den Sammelband integriert.
{UK}
Rubrizierung: 3.53.33.43.22.21 Empfohlene Zitierweise: Ulf Kemper, Rezension zu: Ulrich von Alemann / Eva G. Heidbreder / Hartwig Hummel / Domenica Dreyer / Anne Gödde (Hrsg.): Ein soziales Europa ist möglich. Wiesbaden: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38628-ein-soziales-europa-ist-moeglich_47239, veröffentlicht am 09.07.2015. Buch-Nr.: 47239 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken