Der Wandel von der Frauen- zur Geschlechterforschung ist mit unterschiedlichen theoretischen Debatten, aber auch mit Vorurteilen und Ängsten verbunden. Dazu gehört die Einschätzung, dass vor allem die junge Generation das Thema Geschlechterverhältnisse nicht mehr zu interessieren scheint, ebenso wie die Debatte darüber, ob die Geschlechterforschung eine Weiterentwicklung der Frauenforschung darstellt oder es sich letztlich um den berühmten „alten Wein in neuen Schläuchen" handelt. Der Band resultiert aus der Arbeit des Genderforums Berlin, einer interdisziplinären und Partei übergreifenden Arbeitsgruppe von jungen Forschenden. Ihr Anliegen ist es, „nicht nur getrennt Frauen- und Männerperspektiven zu beleuchten, sondern darüber hinaus in das ‚Dazwischen' mehrerer Geschlechterperspektiven zu blicken" (11). Am Beispiel der Themenbereiche Arbeit, Gesundheit, Bildung, Erziehung, Kultur und Medien, Entwicklungszusammenarbeit, Gender und „Rasse" sowie sexuelle Identität analysieren die Autorinnen die Bedeutung dieses Paradigmenwechsels. Einleitend finden sich drei Beiträge zu Konzept und Umsetzung von Genderforschung und Politik. Ein Nachwort von Rita Süssmuth rundet den Band ab, der auf mitunter sehr anregende Weise die zentrale Erkenntnis: „Gender matters" unterstreicht. Aus dem Inhalt: I. Gender - Idee, Konzept und Implementierung Klaus Schwerma / Andrea von Marschall: Vom Mauerblümchen zum Straßenfeger? Geschlechtliche Gleichstellung als Querschnittsaufgabe in Organisationen und Unternehmen (21-38) Willi Walter: Genderforschung gleich Frauenforschung? Verschwinden des Geschlechts oder neue Erkenntnisdimension? (39-54) Uta Kletzing: Mit Gender Budgeting zum geschlechtergerechten Haushalt (55-69) II. Arbeit Lena Hipp: Teilzeitarbeit - von einer Arbeitsmarktfalle für Frauen zu einer Arbeitsmarktbrücke für beide Geschlechter? Was die Bundesrepublik von anderen Ländern lernen kann (73-85) Marc Gärtner / Vera Riesenfeld: Geld oder Leben? Männliche Erwerbsorientierung und neue Lebensmodelle unter veränderten Arbeitsmarktbedingungen (87-104) III. Gesundheit, Erziehung und Bildung Brigitte Sorg: ... Männer sterben früher und auch Frauen haben Herzinfarkt. Gesundheit und Geschlechtsbezug (107-115) Michael Ruf: HIV/AIDS und Gender (117-132) Marina Busche: Gender im (Re)Konstruktionsprozess: Perspektiven geschlechtsbezogener Bildung (133-150) IV. Internationaler Kontext und Entwicklungszusammenarbeit Catrin Becher: Systeme des Nichtwissens, Expertentum und die Macht der Wissensproduktion: Zur Konstruktion von Frauen und Gender in der Entwicklungszusammenarbeit (153-166) Daniela Hrzán: TOSTAN - Eine Herausforderung für die Entwicklungstheorie? Weibliche Genitalverstümmelung im Kontext von Geschlecht, Kultur und postkolonialer Kritik (167-178) Bettina Boekle: Rechte nicht nur auf Papier: Wie brasilianische Gleichstellungsabteilungen im Großraum São Paulo Worte in Taten verwandeln (179-191) V. Kultur und Medien Stephanie Catanie: Mythos „Femme fatale" - Zur medialen Inszenierung weiblicher Leidenschaft im Film (195-206) Johanna Vollhardt: Der Einfluss des Faktors Geschlecht auf die Filmpräferenz (207-219) Vanessa Watkins: Der Cyberspace als Spielwiese der Geschlechterkonstruktion (221-232) VI. Gender meets ‚Race' Anja Michaelsen: Sushi und Muskeln. Zur Intersektionalität von ‚Rasse' und ‚Geschlecht' (235-242) Michael Ruf: Gender plus ‚Race' im Hollywood-Film (243-256) VII. Gender - jenseits von Heterosexualität Dieter Born: Versuche der Eingrenzung von Grenzüberschreitungen männlich-weiblicher Erotik: Bi-, Poly-, Multi-Sexualitäten (259-271)