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Hossein Shahla

Empirische Wahlforschung und Wählerrationalität. Zum Stellenwert der Sachthemenorientierung im Prozeß der Wahlentscheidung

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2001 (Empirische und methodologische Beiträge zur Sozialwissenschaft 19); 212 S.; brosch., 33,23 €; ISBN 3-631-36937-9
Diss. TU Berlin Fachbereich Umwelt und Gesellschaft. - Welchen Stellenwert besitzen politische Sachfragen für die Wahlentscheidung? Diese Frage kann bis heute, wie der Autor resümiert, trotz fortdauernder kontroverser Diskussion nicht zufriedenstellend beantwortet werden. Während sich die Theorie-Diskussion vom Issue-Streit zu Rational-Choice-Ansätzen verlagerte, blieben die empirischen Befunde wahlsoziologischer Untersuchungen ernüchternd. Nach Shahla verhindern Defizite in der Methodik den Nachweis der Bedeutung von Sachfragen für die individuelle Wahlentscheidung: "Die vorliegenden Beiträge, die sich zur Erklärung des Wahlverhaltens auf den Rational-Choice-Ansatz berufen, greifen insofern zu kurz, als sie auf der Operationalisierungsebene nach wie vor auf traditionelle, 'bewährte' Instrumente des sozialpsychologischen Konzepts zurückgreifen und trotz ihres theoretischen Anspruchs über eine implizite oder explizite Reinterpretation dieser Instrumente nicht hinausgehen." (10) Vor diesem Hintergrund ist es das Anliegen des Autors, mit dieser Studie "die bisher wenig erfolgreiche Suche nach dem 'rationalen Wähler' mit unkonventionellen Instrumenten neu" (10) zu unternehmen. Dazu schlägt er ein Modell vor, das sich von der Theorie rationalen Handelns ableitet und in der empirischen Wahlforschung noch nicht angewendet wurde: das so genannte Akteursmodell "RREEMM". "Entsprechend den Annahmen dieses Modells ist der Wähler als handelnder Akteur anzusehen, der trotz der Ungewißheiten und Unsicherheiten in der Entscheidungssituation über ein Mindestmaß an Informationen über die sozial-politischen Zusammenhänge und die politischen Akteure verfügt, um auf dieser Grundlage seine Erwartungen, Bedürfnisse und Präferenzen zu artikulieren, die Vor- und Nachteile der zur Wahl stehenden Alternativen abzuwägen und sich vor diesem Hintergrund für eine Alternative zu entscheiden, die seine Erwartungen zu realisieren und seinen erwarteten Nutzen zu maximieren verspricht." (143) Dieses Modell operationalisiert Shahla mit den Antworten auf offene Fragen zu den guten und schlechten Seiten der Parteien. Schließlich testete er es anhand der Bundestagswahlen 1980 bis 1994. Das Ergebnis beurteilt der Autor sehr positiv: "Die recht hohe Erklärungskraft des getesteten Modells für alle hier analysierten Bundestagswahlen sowie die Ergebnisse der Analysen im Detail sprechen für die Angemessenheit des 'RREEMM'-Modells zur Erklärungskraft der individuellen Wahlentscheidung. Sie zeigen damit die Erklärungsfähigkeit der Theorie rationalen Handelns in der empirischen Wahlforschung [...] einerseits und die analytische Tauglichkeit der offenen Fragen zu den guten und schlechten Seiten der Parteien andererseits." (144) Inhaltsübersicht: 1. Sachfragen und individuelle Wahlentscheidung; 2. Das Dilemma der empirischen Wahlforschung; 3. Der unterschätzte Wähler; 4. Politische Parteien im Urteil der Bundesbürger; 5. Wählen als (rationales) Handeln; 6. Eine Rational-Choice-Analyse der Wahlen zum Deutschen Bundestag.
Detlef Lemke (LE)
Dipl.-Politologe.
Rubrizierung: 2.332 Empfohlene Zitierweise: Detlef Lemke, Rezension zu: Hossein Shahla: Empirische Wahlforschung und Wählerrationalität. Frankfurt a. M. u. a.: 2001, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/15182-empirische-wahlforschung-und-waehlerrationalitaet_17254, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 17254 Rezension drucken