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Peter Hennicke / Paul J.J. Welfens

Energiewende nach Fukushima. Deutscher Sonderweg oder weltweites Vorbild?

München: oekom verlag 2012; 284 S.; 29,95 €; ISBN 978-3-86581-318-3
Angesichts der Entscheidungen großer Industrienationen, weiter am Atomstrom festzuhalten beziehungsweise neue Atomkraftwerke bauen zu wollen, scheint die von den Autoren im Untertitel des Bandes aufgeworfene Frage schon beantwortet zu sein. Dass es sich jedoch hierbei um einen von Irrtümern begleiteten Weg handelt, demonstrieren Hennicke und Welfens, die ein anderes Bild für einen vernünftigen Aus‑ oder Umstieg skizzieren. Sie setzen sich für eine Wende hin zu einem klimaverträglichen Energiesystem mit erneuerbaren Energien ein, das ökonomische und gesellschaftliche Vorteile erbringen könne. Die Autoren zeigen im Gegensatz dazu auf, dass die Prinzipien einer Marktwirtschaft – wie der Leistungswettbewerb oder die Haftpflichtregeln für die Wirtschaftsakteure – innerhalb der Atomstromwirtschaft ignoriert werden. Ein sehr schwerer Kraftwerksunfall würde Schäden in Höhe von 5.000 bis 6.000 Milliarden Euro verursachen, was mehr als dem Doppelten des jährlichen Bruttoinlandsproduktes Deutschlands entspreche. Die Haftpflichtversicherung deutscher Atomkraftwerke decke dabei mit 2,5 Milliarden Euro nicht einmal einen Prozent eines solchen Schadenfalls. Das Autorenduo fragt vor diesem Hintergrund, ob es zulässig sein kann, dass der deutsche Staat den Umweltschutz als Staatsziel im Grundgesetz verankert und zugleich der Atomstromindustrie als einem möglichen Verursacher massiver Umweltschäden erlaubt, den größten Teil eines Schadenfalls nicht zu versichern. Da im Falle eines Schadens kein Atomstromunternehmen mehr kreditwürdig wäre, bliebe der Staat auf 99 Prozent der Kosten sitzen, was aufgrund der Höhe der Zahlungen einer Entmündigung des Bundestages entspräche. Die Argumentation läuft schließlich darauf hinaus, dass bei einer realistischen Kalkulation kein Atomkraftwerk mehr wettbewerbsfähig wäre. Im Falle des Endes der Schattensubventionierung des Atomstroms wäre es dann nicht mehr nötig, die erneuerbaren Energien zu subventionieren. Diese und weitere Argumente, wie etwa das Widerlegen der Klimafreundlichkeit des Atomstroms, lassen die Autoren für eine Wende hin zu erneuerbaren Energie plädieren, wobei sie sich bewusst sind, dass diese Energiewende mit Anpassungskosten und einer erheblichen Anpassungszeit verbunden sein wird.
Jan Achim Richter (JAR)
Dipl.-Politologe, Doktorand, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.343 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Peter Hennicke / Paul J.J. Welfens: Energiewende nach Fukushima. München: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36407-energiewende-nach-fukushima_44421, veröffentlicht am 14.11.2013. Buch-Nr.: 44421 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken