Entscheidungsfindung im Ministerrat der EU. Eine formale Analyse der Abstimmungsverfahren
Mit dieser kurzen Analyse der Abstimmungsmacht im Ministerrat der EU fragen die Autoren nach der Möglichkeit des einzelnen EU-Mitgliedstaates, eine Entscheidung herbeizuführen bzw. zu verhindern. Dabei wird die Abstimmungsmacht anhand des Shapley-Werts bestimmt und sowohl auf die Abstimmungsregeln des Vertrags von Nizza und des Verfassungsvertrags angewandt. Besondere Berücksichtigung findet hierbei, dass die qualifizierte Mehrheit im weiterhin gültigen Vertrag von Nizza drei Kriterien erfüllen muss (qualifizierte Stimmen-, Bevölkerung- und Ländermehrheit) die im Verfassungsvertrag allerdings nur zwei, nämlich die qualifizierte Länder- und Bevölkerungsmehrheit. Die Autoren entwickeln hierzu einen mathematisch modellierten „Machtindex“ und vergleichen die Bestimmungen der beiden Vertragswerke hinsichtlich der Vor- und Nachteile für die einzelnen Mitgliedstaaten, der Gleichgewichtseigenschaften und der Koalitionsbildungsmöglichkeiten. Ein wichtiges Ergebnis lautet, dass zusätzliche Kriterien lediglich das Zustandekommen einer Entscheidung erschweren, nicht aber die relative Abstimmungsmacht der Mitgliedstaaten verändern. Im Sinne der Entscheidungseffizienz wären also die zwei Kriterien des Verfassungsvertrags den drei des Vertrags von Nizza vorzuziehen.