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Roman Herzog

Europa neu erfinden. Vom Überstaat zur Bürgerdemokratie

München: Siedler Verlag 2014; 155 S.; geb., 17,99 €; ISBN 978-3-8275-0046-5
Europa ist im politischen Denken Roman Herzogs eine der zentralen Reflexionslinien. Dachte er dabei 1996 in Richtung einer „Vision Europa“ (siehe Buch‑Nr. 5594) und suchte damit „Antworten auf globale Herausforderungen“, so entfaltet er sein Thema nun unter der Perspektive „Europa neu erfinden. Vom Überstaat zur Bürgerdemokratie“. Beide Bücher stehen zugleich für die jeweilige zeitbedingte Sicht auf Europa. 2014 dominieren Stichworte wie Demokratie‑Defizit, Bürokratismus und Normenhypertrophie, sequestrierte Mitgliedstaaten oder unterschiedliche Geschwindigkeiten. Damit steht Europa heute vor anderen inneren und äußeren Problemkonstellationen als 1996. So ist das Problem europäischer Entscheidungsstrukturen keineswegs neu, doch wird es heute zunehmend „als Vertrauensverlust und Vertrauenskrise“ (32) kontextualisiert. Denn: „Der einfache Bürger erlebt die Brüsseler Politik nicht in Parlamentsdebatten und Parlamentsberichterstattung, sondern in Kommissions‑ und Ausschussverhandlungen, die fast regelmäßig ohne wirkliche Begleitung durch fachkundige Medien stattfinden – und die Entscheidungsträger selbst führen darüber meist nicht einmal eine öffentliche Diskussion“ (32). Dazu kommt eine zunehmende Normenflut und Rechtsmasse. „Sie macht nicht nur zahllosen Bürgern der EU das tägliche Leben schwer, sondern sie verstößt auch gegen zentrale Anforderungen an eine moderne Rechtsstaatlichkeit“ (88), bedarf doch ein funktionierender Rechtsstaat der Überschaubarkeit seiner Normen. Es gilt deshalb, Europa neu zu erfinden. Eine Grundmaßnahme liegt im Normenabbau „um 40 bis 50 Prozent“ (144). Ein weiteres sehr umfangreiches Handlungsfeld sieht Herzog in der inneren Homogenisierung der EU. „Ein Sachgebiet, das in der Schuldenkrise förmlich nach Homogenität schreit, ist die Haushaltspolitik der EU‑Mitgliedsstaaten“ (121). Das aber heißt, dass entsprechende Reformmaßnahmen nicht nur Aufgaben der EU‑Organe sind, „sondern auch der Mitgliedsregierungen beziehungsweise ‑parlamente“ (144). Wenn das gelingt, dann ist Europa nach Ansicht von Herzog auf einem zukunftsfähigen politischen Weg.
Klaus Kremb (KK)
Dr., Oberstudiendirektor, Wilhelm-Erb-Gymnasium Winnweiler, Lehrbeauftragter, Fachgebiet Politikwissenschaft, TU Kaiserslautern.
Rubrizierung: 3.1 Empfohlene Zitierweise: Klaus Kremb, Rezension zu: Roman Herzog: Europa neu erfinden. München: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37112-europa-neu-erfinden_45479, veröffentlicht am 22.05.2014. Buch-Nr.: 45479 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken