Europäische Komplexität verstehen lernen
Auf der Grundlage eines interdisziplinären Ansatzes will der Autor „die Basis für eine Analyse europabezogener Planspiele“ (187) schaffen. In einem Theorieteil verknüpft er erziehungswissenschaftliche Beiträge zur europäischen Integrationsforschung (insbesondere die Konzepte der interkulturellen Erziehung und der Friedenspädagogik) mit politikdidaktischen Ansätzen zum europabezogenen Lernen. Anhand der dokumentierten Evaluation von 43 durchgeführten Planspielen mit insgesamt 1.297 Jugendlichen und jungen Erwachsenen versucht Rappenglück den – wenn auch nicht bundesweit repräsentativen, aber doch durchaus auf einer breiten empirischen Basis aussagekräftigen – Nachweis zu erbringen, dass diese „handlungs- und partizipationsoffene Methode“ (83) in besonderer Weise geeignet ist, die Komplexität Europas verständlich zu machen und entgegen weit verbreiteter Vorbehalte europäisches Bewusstsein zu befördern. Anhand der Meinungserhebungen unter den Teilnehmern und mithilfe von Interviews mit mehreren Spielleitern konnte ein deutlich motivierender, dem Interesse am Thema Europa dienlicher Effekt nachgewiesen werden. Der Nachweis, inwieweit die Selbstaussagen der Jugendlichen über ihren Lernerfolg tatsächlich einem tieferen kognitiven Verständnis entsprechen, muss gleichwohl noch durch weitere Vergleichsstudien erbracht werden. Zudem bleibt kritisch zu fragen, ob die inhaltliche Beschränkung der Planspielthemen auf die EU-Erweiterung und den EU-Reformprozess (Planspiel: „Europa neu gestalten“ [216]) der Komplexität der europäischen Politikfelder angemessen gerecht wird und tatsächlich „die Verknüpfung des europaspezifischen Lebensweltbezuges mit dem europapolitischen System“ (65) herzustellen vermag.