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Cemal Karakas

Externe Demokratieförderung in muslimisch geprägten Ländern. Die USA, Deutschland und das Erstarken des politischen Islam in der Türkei

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2013 (Studien der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung 21); 390 S.; 62,- €; ISBN 978-3-8487-0456-9
Diss. Frankfurt a. M.; Begutachtung: L. Brock, H. Müller. – Der politische Umgang mit der kemalistischen beziehungsweise – wie Beobachter der Ära Erdogan meinen – postkemalistischen Türkei ist für viele westliche Demokratien problematisch. Das Dilemma, in dem Regierungen von Washington bis Berlin stecken, beschreibt Cemal Karakas so: „Einerseits erscheint ihm [dem Westen] die Inkorporation des türkischen Islamismus in den demokratischen Pluralismus als Vorbild eines modernen islamischen Staats und als zukunftsträchtige Alternative zu den autoritären Regimen im Iran oder in Saudi‑Arabien. Andererseits vollzieht sich eine Erosion der normativen und sicherheitspolitischen Verpflichtungen der Türkei gegenüber ihren westlichen Bündnispartnern.“ (18) Angesichts dieses widersprüchlichen Befunds untersucht Karakas in seiner Studie, welche Strategie im Umgang mit islamischen Regierungsparteien am besten geeignet ist, um westliche Interessen zu wahren. Dies erfolgt in einer exemplarischen Analyse der konkreten Ausgestaltung der Beziehungen der USA und Deutschlands zur Türkei im Zeitraum von 1995 bis 2010 – mit einer Unterbrechung von 1998 bis 2002, beginnend mit dem Verbot der Wohlfahrtspartei (RP) und endend mit dem Wahlsieg der Gerechtigkeits‑ und Entwicklungspartei (AKP). Indem Karakas einerseits Primärquellen aus den Geberländern, hier „v. a. Regierungserklärungen, Pressemeldungen, Konzept‑ und Länderpapiere, Parlamentsdebatten“ (28), qualitativ auswertet und andererseits 57 leitfadengestützte Interviews in den Datenbestand einbringt, kommt er zu einem problematischen Befund. Sowohl Deutschland als auch die USA seien hinsichtlich ihrer Bemühungen um externe Demokratieförderung mit multiplen Zielkonflikten konfrontiert. Beide Staaten förderten tendenziell eher jene Kräfte, die ihren eigenen Interessen am nächsten stehen, nicht jedoch die türkische Demokratie insgesamt. Diese Schlussfolgerung ist so verstörend wie der Demokratisierungsprozess in der Türkei selbst. Karakas schreibt: „Im Ergebnis kann in Bezug auf die Türkei festgehalten werden, dass der Demokratisierungsprozess keinem linearen Transformationsparadigma unterliegt“ (302). Einerseits sei es unter der Herrschaft der AKP in der Tat gelungen, die Demokratie in der Türkei – etwa mit Blick auf die EU‑Beitrittsverhandlungen – zu festigen. Andererseits setzten sich innersystemische Demokratiedefekte weiter fort.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 4.2 | 4.21 | 4.22 | 2.63 | 2.64 | 2.22 | 4.44 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Cemal Karakas: Externe Demokratieförderung in muslimisch geprägten Ländern. Baden-Baden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36350-externe-demokratiefoerderung-in-muslimisch-gepraegten-laendern_44221, veröffentlicht am 31.10.2013. Buch-Nr.: 44221 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken