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Oliver Marchart (Hrsg.)

Facetten der Prekarisierungsgesellschaft. Prekäre Verhältnisse. Sozialwissenschaftliche Perspektiven auf die Prekarisierung von Arbeit und Leben

Bielefeld: transcript Verlag 2013 (Gesellschaft der Unterschiede 9); 219 S.; kart., 24,99 €; ISBN 978-3-8376-2193-8
Der Herausgeber hat zwischen 2006 und 2012 an der Universität Luzern ein Forschungsprojekt über Protest, Medien und Prekarisierung durchgeführt, aus dem zwei Publikationen hervorgegangen sind: zum einen dessen eigene Studie „Die Prekarisierungsgesellschaft“ (siehe Buch‑Nr. 43412) und zum anderen diese Aufsatzsammlung. In beiden Bänden wird von der Prämisse ausgegangen, die westlichen postfordistischen Gesellschaften seien strukturell Prekarisierungsgesellschaften, soziale Ordnungen also, in denen Prozesse der Verunsicherung tendenziell alle Arbeits‑ und Lebensverhältnisse prägen. Dabei werden drei Dimensionen besonders hervorgehoben, in denen Prekarisierungen den sozialen Raum durchschneiden: Entstandardisierungen quer zu den sozialen Schichtungen, Diffusionen zwischen den Sphären Produktion und Reproduktion und schließlich die ambivalenten Effekte auf der Ebene der Subjektivierungsformen. Wenn man jedoch Prekarisierung in dieser umfassenden Weise und zugleich als heterogenes Geschehen versteht, das sich – abhängig von gesellschaftlichen Kämpfen – in jeweils spezifischer Intensität und Form zeigt, dann erfordert dessen Erklärung unterschiedliche theoretische Perspektiven. Oliver Marchart möchte deshalb mit diesem Band einerseits im Sinne einer sozialwissenschaftlichen „Triangulation“ (9) des Phänomens ein Spektrum relevanter Analyseansätze vorstellen und andererseits ausgewählte Handlungsperspektiven in Prekarisierungsgesellschaften diskutieren. Im ersten Teil sind vor allem die Beiträge von Cornelia Bohn, die Paradigmen der Inklusions‑ und Exklusionsforschung mit Bezug auf Weber, Foucault und Luhmann untersucht, und von Jürgen Link instruktiv, der an Foucault anschließend zwei Formen prekarisierender Denormalisierungen unterscheidet. Im zweiten Teil geht es unter anderem um Ansatzpunkte und Spielräume antihegemonialer Praktiken im Kontext von illegaler Beschäftigung (Marianne Pieper), in postfordistischen Arbeitsformen (Isabell Lorey) und in Migrationsprozessen (Serhat Karakayali). Anregend ist hier vor allem Ulrich Bröcklings Auseinandersetzung mit methodologischen Problemen von Protestanalysen am Beispiel von Aktionen des Hamburger EuroMayday.
Thomas Mirbach (MIR)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.42 | 2.22 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Oliver Marchart (Hrsg.): Facetten der Prekarisierungsgesellschaft. Bielefeld: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37143-facetten-der-prekarisierungsgesellschaft_43413, veröffentlicht am 05.06.2014. Buch-Nr.: 43413 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken