Skip to main content
Brigitte Aulenbacher / Birgit Riegraf / Susanne Völker

Feministische Kapitalismuskritik. Einstiege in bedeutende Forschungsfelder. Mit einem Interview mit Ariel Salleh

Münster: Westfälisches Dampfboot 2015 (Einstiege 23); 179 S.; 15,90 €; ISBN 978-3-89691-679-2
Ariel Salleh, ökofeministische Aktivistin und international bekannte Vertreterin des linken Feminismus, sieht in der gegenwärtigen globalen Krise nicht nur ein Problem, sondern auch eine Gelegenheit, um Alternativen zum zeitgenössischen neoliberalen Kapitalismus nicht nur zu denken, sondern auch praktisch umzusetzen. Politische Kritik ist demnach immer Theorie und Praxis in einem, und das gilt ihrer Ansicht nach auch und insbesondere für die feministische Kapitalismuskritik. Dieser Band, in dem sie zu diesem Themenkomplex interviewt wird, versteht sich als Einführung in ein im Mainstream des Faches viel zu wenig beachtetes Feld – ein Feld, das, wie sich bei näherer Betrachtung herausstellt, zu Unrecht wenig Aufmerksamkeit erfährt. Profeministische Kapitalismusanalysen etwa, so wird gezeigt, bestechen durch ihre Analyseschärfe, die dominante „Allmachtsfantasien“ (29) im Finanzmarktkapitalismus, bestehend aus einem „Konnex von Herrschaft, Macht und Männlichkeit“ (28), auch als solche zu benennen vermag. Die feministische kapitalismuskritische Care‑Forschung, die auf Basis der Frauenbewegung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden ist, erweist sich als nicht minder breit angelegt. Aus einer soziologischen Perspektive auf die Sorge um das Leben geht es nicht nur um die Frage nach menschlicher Reproduktion und den Logiken gesellschaftlichen Selbsterhalts. Vielmehr werden gerade auch deren kritische Implikationen mitgedacht, etwa wenn es um die im zeitgenössischen Verständnis von Sorge implizit angelegten Rollenverständnisse und Herrschaftsmuster geht. Diese strukturieren mehr oder minder unterschwellig auch die Verteilung von Arbeit in der Gesellschaft, sodass das Maß an Prekarität, das sich im Bereich der Lohnarbeit zeigt, letztlich auch an dominante Vorstellungen von Männlichkeit beziehungsweise Nicht‑Männlichkeit gebunden ist. In der Perspektive der weiteren Entwicklung der feministischen Kapitalismuskritik sehen die Autorinnen eine breite Zuwendung hin zu Fragen ökonomie‑ und finanzmarktinduzierter „sozialer Ungleichheiten“ – auch bei Theorien, die bisher marktökonomischen Problemen eher wenig Interesse entgegengebracht haben, wie etwa „queerfeministische, materialitäts‑ und auch affekttheoretische Ansätze“ (154). Allen gemeinsam sei jedoch, und damit zeigt sich die Pointiertheit der Einschätzung Ariel Sallehs, ein Interesse am tief greifenden, kritischen Verstehen des Verhältnisses von Wirtschaft und Gesellschaft – und an der Artikulation lebbarer Alternativen.
{LEM}
Rubrizierung: 2.27 | 5.42 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Brigitte Aulenbacher / Birgit Riegraf / Susanne Völker: Feministische Kapitalismuskritik. Münster: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38837-feministische-kapitalismuskritik_46046, veröffentlicht am 10.09.2015. Buch-Nr.: 46046 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken