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Konstantin Nitze

Finanzhilfen für Euro-Staaten in der Krise. Eine EU-rechtliche Bewertung der als Reaktion auf die sog. Euro-Krise gewährten und vorgeschlagenen finanziellen Hilfen

Berlin: Duncker & Humblot 2015 (Schriften zum Europäischen Recht 167); 261 S.; 69,90 €; ISBN 978-3-428-14438-9
Politikwiss. Diss. Bayreuth; Begutachtung: S. Rixen, M. Möstl. – Der Autor untersucht „die als Reaktion auf die Euro‑Krise gewährten und vorgeschlagenen finanziellen Hilfen an Mitgliedstaaten auf ihre Vereinbarkeit mit dem geltenden EU‑Recht“ (16). Damit wird weder die Frage beleuchtet, ob es sich bei diesen Finanzhilfen um eine zweckmäßige Fortentwicklung des europäischen Primär‑ und Sekundärrechts handelt, noch wird eine Bewertung der Maßnahmen vorgenommen. Als sehr hilfreich erweist sich die historisch‑chronologische Kontextualisierung des Krisengeschehens, die Konstantin Nitze gleich im Anschluss an seine knappe Einleitung vornimmt. Ein besonderes Augenmerk gilt Griechenland. Aber auch die Situation in Irland, Portugal und Spanien wird ebenso kurz beleuchtet wie die sukzessive Institutionalisierung der neuen Stabilisierungsmechanismen durch die EU. Es sind vor allem einzelne vertragsrechtliche Details, die in der medialen Diskussion kaum Erwähnung finden, die diese nüchternen Ausführungen lesenswert machen – auch wenn sie so oder so ähnlich schon mannigfach an anderer Stelle nachzulesen gewesen sind. So wird Irland bis 2042 seine ihm vom EFSF gewährten Darlehen in Raten abbezahlen müssen. Zur Einordnung des Ausmaßes der „Eurokrise“ ist es auch durchaus bedeutsam zu wissen, dass der ESM mit circa 702 Milliarden Euro „die größte Finanzinstitution der Welt“ (28) darstellt. Im zweiten Abschnitt nimmt Nitze dann eine ökonomische Einordnung der Euro‑Krise vor. Wie auch jüngst noch einmal der Rechnungshof der EU stellt er dabei fest, dass die offiziellen Dokumente der Union „eine präzisere und umfangreichere Darstellung der möglichen konkreten Gefahren für die Stabilität der gesamten Währungsunion vermissen“ (43) ließen. Solche Feststellungen werfen ein Licht nicht nur auf die Ambivalenz, sondern auch die Dilemmata des europäischen Krisenmanagements. Am Ende kommt Nitze zu der etwas vorsichtigen und unentschiedenen Einschätzung, dass die Euro‑Krise „keine akute Währungskrise, sondern eine Staatsschuldenkrise“ darstelle, die „im Kontext mit Liquiditätsproblemen des Bankensektors und geringer Wettbewerbsfähigkeit einzelner Mitgliedstaaten zu betrachten“ (233) sei. Vor diesem Hintergrund verstießen „die bilateralen und im Rahmen des EFSM, der EFSF bzw. des ESM notleidenden Mitgliedstaaten gewährten Kredite […] ebenso gegen Art 125 I AEUV wie der Ankauf von Staatsschuldtiteln von bestimmten Mitgliedstaaten“ (233). Die Aktivitäten der EZB – insbesondere der Ankauf von Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt – kann Nitze aus vertragsrechtlicher Perspektive nicht beanstanden. Insgesamt liefert seine Analyse somit eine sehr differenzierte rechtliche Bewertung der vielzähligen finanziellen Stützungsmaßnahmen im Zuge der bisherigen Krise.
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Rubrizierung: 3.5 Empfohlene Zitierweise: Henrik Scheller, Rezension zu: Konstantin Nitze: Finanzhilfen für Euro-Staaten in der Krise. Berlin: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39686-finanzhilfen-fuer-euro-staaten-in-der-krise_46751, veröffentlicht am 19.05.2016. Buch-Nr.: 46751 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken