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Romy Messerschmidt

Fraktionsparlament Nationalversammlung. Entstehung und Bedeutung innerfraktioneller Geschlossenheit

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2005 (Frankreich-Studien 10); 338 S.; brosch., 39,90 €; ISBN 3-531-14546-0
Politikwiss. Diss. Dresden; Gutachter W. J. Patzelt, W. Ismayr, A. Kimmel. – Anders als beim Deutschen Bundestag ist bei der Assemblée nationale auch heute noch nicht ohne Weiteres erkennbar, dass nicht das Parlament als Ganzes, sondern entlang von Parteilinien geschlossen agierende und auf Dauer eingerichtete Fraktionen Träger des parlamentarischen Prozesses sind. Messerschmidt kommt das Verdienst zu, diese Forschungslücke mit ihrer sehr aufwendigen, kenntnisreichen und gut lesbaren systematisch-empirischen Untersuchung geschlossen zu haben. Sie belegt, dass und wie die französische Nationalversammlung im Verlauf der V. Republik zu einem echten Fraktionenparlament mit stabilem Gegenüber von geschlossener Regierungsmehrheit und Opposition wurde. Heute sind es auch in Paris die Fraktionen, welche die klassischen Aufgaben des Parlaments (Kontrolle, Gesetzgebung, Regierungsbildung) wahrnehmen. Die Autorin nennt u. a. drei konkrete Bedingungen, die diese Entwicklung ermöglichten: (1) Die Anhebung der Mindestzahl von Abgeordneten, die eine Fraktion bilden können. (2) Die Restrukturierung und Professionalisierung der nationalen Parteiführungen. Folgerichtig bildeten die Fraktionen in der Nationalversammlung zunehmend das Parteiensystem ab. Ein markanter Unterschied zu Deutschland besteht indes in der Tradition, dass Partei- und Fraktionsvorsitz üblicherweise getrennt bleiben. (3) Die Möglichkeit der Kohabitation, welche tendenziell die Opposition im Parlament dazu zwingt, ihren Präsidenten geschlossen zu unterstützen. Diese und andere Ergebnisse werden differenziert im Zeitverlauf sowie einzeln für alle Parteien/Fraktionen erarbeitet, wodurch der Band neben seinen vielen Informationen zur tatsächlichen Arbeit der Assemblée nationale auch eine sehr informative Analyse der französischen Parteien bietet. So ist z. B. – auch insofern ähnlich wie in Deutschland – der Grad an Geschlossenheit in bürgerlichen Parteien/Fraktionen tendenziell geringer als bei der klassischen Linken.
Andreas Beckmann (AB)
M. A., Doktorand, Institut für Sozialwissenschaften, Bereich Politikwissenschaft, Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.61 | 2.21 | 2.22 Empfohlene Zitierweise: Andreas Beckmann, Rezension zu: Romy Messerschmidt: Fraktionsparlament Nationalversammlung. Wiesbaden: 2005, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/23962-fraktionsparlament-nationalversammlung_27562, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 27562 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken