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Bernhard Schmid

Frankreich in Afrika. Eine (Neo)Kolonialmacht in der Europäischen Union zu Anfang des 21. Jahrhundert

Münster: Unrast 2011; 311 S.; brosch., 19,80 €; ISBN 978-3-89771-034-4
In den 1960er‑Jahren erlangten auch die letzten afrikanischen Kolonien Frankreichs ihre Unabhängigkeit – mit Ausnahme Djiboutis, das erst 1977 unabhängig wurde. Doch diese häufig erkämpfte und teils von Frankreich auch beförderte neue Souveränität bedeutet nicht, dass dessen Einfluss in diesen Staaten aufgehoben worden wäre. Schmid beschreibt in einem lockereren und nicht selten auch ironischen Tonfall, welche Kontinuitäten und Veränderungen das Verhältnis zwischen Frankreich und seinen einstigen afrikanischen Kolonien seit der Unabhängigkeit durchlaufen hat. Verbindungen aus der damaligen Zeit bestehen demnach u. a. durch die französischen Militärbasen in einigen afrikanischen Staaten, durch die engen wirtschaftlichen Kooperationen mit dem privilegierten Zugang Frankreichs zu bestimmten Rohstoffen wie auch durch die Bindung an die französische Währung (zunächst Franc, jetzt Euro), die ein gutes Dutzend ehemalige Kolonien bis heute eingehen. Auf diese Weise habe sich das post‑ und neokoloniale System „Françafrique“ (27) als Ausdruck der Sonderbeziehungen formiert, die vor allem Frankreichs außenpolitischen Einfluss in der afrikanischen Region sichern sowie zahlreichen französischen Unternehmen und einer kleinen Elite in den ehemaligen Regionen Vorteile bringen, nicht jedoch der breiten Bevölkerung in den betroffenen Staaten. Schmid belegt dies wie auch die Unterstützung zahlreicher autoritärer Führer in den ehemaligen Kolonien anhand unterschiedlicher Beispiele wie etwa der Entwicklung in Kamerun, Gabun oder der Elfenbeinküste, die allesamt zu Regimen „von Frankreichs Gnaden“ (23) geworden seien. Dabei geht er auch auf die Rolle Frankreichs in den kriegerischen Konflikten wie etwa in Ruanda ein. Neben diesen fortwährenden Strukturen seien jedoch auch Veränderungen erkennbar. Diese ließen sich zum einen auf innenpolitischen Druck innerhalb Frankreichs zurückführen. Zum anderen komme es jedoch auch zu einer zunehmenden Konkurrenz mit China und den USA, die ihrerseits den Einfluss auf dem Kontinent erhöhen wollen. Da dies jedoch Schmid zufolge keine Verbesserungen für die afrikanische Bevölkerung mit sich bringt, setzt er seine Hoffnung auf die zivile Opposition, auf Demokratiebewegungen, auf Gewerkschaften und auf soziale Proteste. Insgesamt handelt es sich um ein materialreiches Buch, das auf gut lesbare Weise diese „dunkle“ Seite der Geschichte Frankreichs beleuchtet.
Jan Achim Richter (JAR)
Dipl.-Politologe, Doktorand, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 4.22 | 2.61 | 2.67 | 2.25 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Bernhard Schmid: Frankreich in Afrika. Münster: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31077-frankreich-in-afrika_36947, veröffentlicht am 07.02.2013. Buch-Nr.: 36947 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken