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Jost Dülffer / Gottfried Niedhart (Hrsg.)

Frieden durch Demokratie? Genese, Wirkung und Kritik eines Deutungsmusters

Essen: Klartext 2010 (Frieden und Krieg 15); 298 S.; brosch., 19,95 €; ISBN 978-3-8375-0401-9
Seit dem Ende des Ost-West-Konflikts sei es zu einem Boom von Publikationen gekommen, die unter der Theorie des Demokratischen Friedens firmierten, schreiben die Herausgeber. In diesen Beiträgen aber, die auf eine Tagung des Arbeitskreises Historische Friedensforschung in Berlin im November 2009 zurückgehen, werde diese Theorie weder verifiziert noch falsifiziert. „Vielmehr sollen Konstellationen analysiert werden, die für die Genese des Deutungsmusters vom Demokratischen Frieden wichtig sind und in denen seine Wirkung darin bestand, dass mit ihm Politik gemacht wurde.“ (12) Die Autoren fragen, wie glaubwürdig die Verfechter einer westlich geprägten Vorstellung vom Demokratischen Frieden bei der Umsetzung ihres Konzepts sind und warum diese Politik regelmäßig als anmaßende Intervention wahrgenommen wird. Auch die Verknüpfung mit materiellen Interessen wird untersucht. Eine weitere zentrale Frage ist, „wie die Präferenz für die westliche Konstruktion des Friedens mit der gleichzeitig notwendigen Anerkennung weltweiter kultureller Differenzen in Einklang gebracht werden“ (13) kann. Diese aktuellen und für die Politikwissenschaft überaus interessanten Fragen werden nach einer theoretischen Einordnung im historischen Längsschnitt aufgegriffen, beginnend mit Demokratie und Friedenserwartung im Jahr 1917 und den Vorstellungen des US-amerikanischen Präsidenten Wilson von einer neuen Weltordnung. Das nächste Kapitel umfasst die Zeit des Zweiten Weltkrieges und des Kalten Krieges, gefolgt von einem Abschnitt über die Demokratieförderung nach dem Ende des Ost-West-Konflikts. Volker Depkat sieht in der US-Außen- und Sicherheitspolitik unter Clinton und Bush mit dem liberalen Internationalismus die gleichen Deutungsmuster wirksam wie 1917. Trotz einiger Neujustierungen seien die Ziele gleich geblieben: das internationale Mächtesystem auf Basis demokratischer und liberaler Werte zu ordnen um für Demokratien strukturelle Sicherheit herzustellen. Selbst Bushs „War on Terror“ stelle keinen Bruch dar, wenngleich „das Verständnis legitimer Selbstverteidigung radikal ausgeweitet“ (226) wurde. Dieter Senghaas formuliert allerdings abschließend einige Imperative, um einer „Verschlimmbesserung“ (290) der weltweiten Problemlagen ein neues Denken entgegenzusetzen. Dabei nimmt er eine Friedensgestaltung in den Blick, die etwa mit Blick auf Militärausgaben oder Umweltschutz unterhalb der grundsätzlichen Frage nach der Demokratie ansetzt.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 5.44 | 4.1 | 4.41 | 4.44 | 2.61 | 2.64 | 2.31 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Jost Dülffer / Gottfried Niedhart (Hrsg.): Frieden durch Demokratie? Essen: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33163-frieden-durch-demokratie_39631, veröffentlicht am 24.05.2011. Buch-Nr.: 39631 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken