Schulz-Nieswandt erörtert aus historisch-anthropologischer Perspektive die Veränderungen in den Familienstrukturen der modernen Arbeitsgesellschaft. Eine am traditionellen Modell der patriarchalen Kernfamilie mit männlichem Ernährer ausgerichtete Familienpolitik sei nicht geeignet, den demografischen Herausforderungen und strukturellen Veränderungen (Patchworkfamilien, „Ein-Eltern-Familien“ usw.) gerecht zu werden. Deshalb plädiert er für eine grundsätzliche Orientierung der Familienpolitik an der faktischen Kindererziehung, unabhängig von der biologischen Elternschaft, wie sie auch anderweitig bereits politisch gefordert, aber bislang kaum umgesetzt werde. Auch die weitere, in vielen Bereichen am Lebensalter orientierte Sozialpolitik sei unzweckmäßig, da sie der erheblichen Varianz hinsichtlich der Leistungsfähigkeit, der Lernfähigkeit, des Gesundheitszustandes usw. innerhalb einer Kohorte nicht gerecht werde. Im Ergebnis spricht der Autor sich deshalb für eine an Lebenslagen und nicht am biologischen Alter ausgerichtete Sozialpolitik aus, die die Potenziale und die Belastungen des Einzelnen stärker berücksichtigt. Letztlich geht es ihm überwiegend um eine anthropologische Fundierung und historische Einordnung der inhaltlich nicht neuen gesellschaftlichen Veränderungen. Allerdings verliert man bei der Lektüre immer wieder den roten Faden, da der Autor seine breiten Kenntnisse in einer sprunghaften Weise und mit zahlreichen Zitaten und Bezügen zu Forschungsergebnissen aus den verschiedenen historischen, sozialwissenschaftlichen und ökonomischen Teildisziplinen präsentiert.