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Michael Nollert / Amir Sheikhzadegan (Hrsg.)

Gesellschaften zwischen Multi- und Transkulturalität

Zürich: Seismo 2016 (Differenzen); 205 S.; 29,- €; ISBN 978-3-03777-151-8
Angesichts gegenwärtig massiver (zumeist bürgerkriegsinduzierter) Migrationsbewegungen bis nach Mitteleuropa hinein fragen Autoren und Herausgeber des Bandes, wie sich Immigration und zunehmende kulturelle Vielfalt auf die soziale Kohäsion in den Aufnahmegesellschaften auswirken. Hinsichtlich dieser Problematik dominierten zwei sehr unterschiedliche Perspektiven: Während der Multikulturalismus davon ausgehe, dass ein Zusammenleben verschiedener Kulturen möglich und wünschenswert sei, akzentuiere das Konzept der Transkulturalität den Umstand, dass Kultur überhaupt nur eines unter mehreren Identifikationsmerkmalen sozialer Gruppen sei, dessen Bedeutung wiederum nicht übergewichtet werden dürfe. Klaus Lösch argumentiert in seinem Beitrag indes noch jenseits des einleitend aufgespannten Dualismus von Multi‑ und Transkulturalität: Beide Konzepte erwiesen sich letztlich als zu reduziert, da sie Problematiken sozialer Ungleichheit ebenso ausblendeten wie Aspekte des Sprach‑ oder Kulturverstehens sowie Machtfragen innerhalb und zwischen sozialen Gruppen. Somit seien sie zugunsten des Transdifferenzkonzepts zu vernachlässigen, weil dieses weitere Sozialphänomene, wie etwa das der Konstruktion kultureller Grenzen, einzubeziehen vermöge. In ihrem eigenen Beitrag zeigen die Herausgeber in einer empirisch fundierten Analyse für die Schweiz, dass freiwilliges oder ehrenamtliches Engagement einen entscheidenden Beitrag zum Abbau von Vorurteilen und zur gegenseitigen Anerkennung leisten kann. Ausgehend von der Frage, „inwiefern das Engagement von MuslimInnen in freiwilligen Assoziationen ihrer Toleranzbereitschaft gegenüber Menschen, die nicht denselben sozialen Kreisen angehören, förderlich ist“ (131), verdeutlichen sie, dass sich die Vielfalt eigenen Engagements und eigener Vernetzung in die Zivilgesellschaft hinein positiv auf die Toleranzbereitschaft auswirkt. Je stärker die eigene Identität ausdifferenziert ist, desto stärker ist auch die Bereitschaft ausgeprägt, andere Identitäten anzuerkennen. Damit wird in der Summe aber auch deutlich: Toleranz – und damit in der Zielperspektive auch Integration – ist keine Aufgabe, die nur einer gesellschaftlichen Gruppe zukommt. Sie ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die von den Ankommenden ebenso wie von den bereits Dagewesenen zu leisten ist.
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Rubrizierung: 2.232.52.35 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Michael Nollert / Amir Sheikhzadegan (Hrsg.): Gesellschaften zwischen Multi- und Transkulturalität Zürich: 2016, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39902-gesellschaften-zwischen-multi--und-transkulturalitaet_47572, veröffentlicht am 07.07.2016. Buch-Nr.: 47572 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken