Gesetzlicher Mindestlohn. Was kann Deutschland von den Nachbarn lernen? Die Erfahrungen mit gesetzlichen Mindestlöhnen in Frankreich und Großbritannien
Zunehmende Marktliberalisierungen zumal innerhalb Europas, Schwächung der tarifpolitischen Durchsetzungsfähigkeit der Gewerkschaften und eine eher neoliberal ausgerichtete Wirtschaftspolitik haben dazu geführt, dass viele Erwerbsarbeitsplätze nicht mehr vor Armut schützen. In Deutschland umfasst der Niedriglohnsektor mittlerweile über 20 Prozent aller Beschäftigten, darunter allein drei Millionen Vollzeitbeschäftigte. Anders als in der Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten wird hier die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns politisch nach wie vor kontrovers diskutiert. Der Autor prüft die Argumente für und gegen eine derartige Regelung anhand von drei Leitfragen: Kann ein Mindestlohn die Anhebung von Niedrigeinkommen leisten, trägt er zur Verringerung von Geschlechterungleichheiten in den Arbeitseinkommen bei und welche Auswirkungen wären auf die Tarifautonomie zu erwarten? Dabei dienen Frankreich mit einer langen Mindestlohntradition und Großbritannien, das mit Antritt des Kabinetts Blair den Mindestlohn gesetzlich verankerte, als Referenzländer eines empirischen Vergleichs. Vor diesem Hintergrund kommt der Autor für die deutsche Situation zum dem Ergebnis, dass die üblichen Einwände gegen den Mindestlohn (negative Beschäftigungseffekte, Schwächung der Gewerkschaften) kaum haltbar sind, dagegen aber in beiden Vergleichsländern eine Reduzierung der Einkommensungleichheit zwischen Frauen und Männern zu beobachten war.