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Nina Scholz (Hrsg.)

Gewalt im Namen der Ehre

Wien: Passagen Verlag 2014; 95 S.; 11,90 €; ISBN 978-3-7092-0144-2
„Menschenrechtsverstöße, die vormodernen Ehrvorstellungen geschuldet sind, finden hier, mitten unter uns, in unserer Gesellschaft statt. Sie sind nicht das Problem der anderen, der Fremden, sondern ein Problem der gesamten Gesellschaft“ (15), führt Nina Scholz in diesen schmalen, auf eine Podiumsdiskussion zurückgehenden Band ein. Er zielt darauf, zu einem besseren Verständnis von Ehrvorstellungen in traditionell‑kollektivistisch und islamisch geprägten Gesellschaften beizutragen, die westliche Einwanderungsgesellschaften in besonderer Weise herausfordern. In der Öffentlichkeit werden zumeist Ehrenmorde als extremste Ausprägung der Gewalt im Namen der Ehre wahrgenommen. Jedoch finden sich, zumeist gegen Mädchen und Frauen gerichtet, vielfältige Formen von Gewalt und Unterdrückung wie Zwangsverheiratungen und Verschleppungen oder Bevormundungen wie Bekleidungs‑ oder Verhaltensregeln, etwa das Verbot der Teilnahme am Schwimmunterricht oder an Klassenfahrten. In den Beiträgen des Bandes geht es um die Auswirkungen dieser Ehrvorstellungen in pluralistischen Gesellschaften und um Möglichkeiten der Prävention. Betont wird dabei, wie wichtig es ist, insbesondere Jungen und Männer als Zielgruppe für Präventionsmaßnahmen zu adressieren – sind sie es doch, die von Kind an die Rolle des Hüters der Ehre zu erfüllen haben. Moni Libisch stellt zunächst das Konzept der Ehre in der traditionellen türkischen Familie vor und zeigt dann, wie und unter welchen Bedingungen sich dieses Wertesystem in der Diaspora wandelt. So tragen gute Deutschkenntnisse, ein hohes Bildungsniveau und das Vorhandensein einer Erwerbstätigkeit dazu bei, dass sich junge Männer leichter von traditionellen Rollenmustern lösen. Umgekehrt können negative Migrationserfahrungen zu einer stärkeren Orientierung an traditionellen Werte und Ehrvorstellungen führen, wie Ahmad Mansour ausführt, dabei aber darauf hinweist, dass auch, wenngleich aus gänzlich anderen Gründen, in der deutschen Mehrheitsgesellschaft „Bedarf an antisexistischer Jugendarbeit [besteht]“ (63).
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Rubrizierung: 2.272.232.632.362.35 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Nina Scholz (Hrsg.): Gewalt im Namen der Ehre Wien: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38636-gewalt-im-namen-der-ehre_46437, veröffentlicht am 16.07.2015. Buch-Nr.: 46437 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken