Skip to main content
Armin Hatje / Jörg Philipp Terhechte (Hrsg.)

Grundgesetz und europäische Integration. Die Europäische Union nach dem Lissabon-Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2010 (EuR Europarecht Beiheft 1/2010); 333 S.; 44,- €; ISBN 978-3-8329-5334-8
Der Band ist zugleich als Festgabe dem früheren Richter am Europäischen Gerichtshof Ulrich Everling zum 85. Geburtstag gewidmet und führt die in der Zeitschrift EuR mit Heft 1/2010 von Everling und Jürgen Schwarze begonnene Analyse der kontroversen Lissabon‑Entscheidung mit zehn weiteren Beiträgen fort. Denn „selten vermag ein Urteil [...] eine derart intensive Diskussion auszulösen [...]. Während die Apologeten des Urteils eine Stärkung des Bundestags, der (staatlichen) Demokratie und des Gedankens der nationalen Souveränität mit dem Urteil verbinden, fürchten Kritiker, dass seine Bremspotentiale weitere Fortschritte der europäischen Integration wesentlich erschweren, wenn nicht gar unmöglich machen“ (3), schreiben Hatje und Terhechte im Vorwort. Dass sich das Bundesverfassungsgericht – insoweit ganz typisch für seine Grundsatzurteile – durch Interpretationshintertürchen zugleich erhebliche rechtspolitische Entscheidungsspielräume offengehalten hat, zeigt seine aktuelle Post‑Lissabon‑Rechtsprechung („Vorratsdatenspeicherung“; „Mangold“). Die Beiträge sind von Europarechtlern verfasst, daher im Grundsatz mit integrationsfreundlicher Perspektive. Aus politikwissenschaftlicher Sicht wird deutlich, wie nahe hier die Rechtswissenschaft an der Schnittstelle zur politischen Theorie arbeitet bzw. arbeiten muss, etwa an den zugespitzten Formulierungen wie: „im Schatten des Leviathan“ (Mestmäcker, 35); „Das BVerfG in staatsrechtlicher Endzeitstimmung“ (Nettesheim, 101); „Kulturvorbehalt in der bundesverfassungsgerichtlichen Demokratietheorie“ (Britz, 151). Gerade in der Lissabon‑Entscheidung ist unter Berichterstatter Udo Di Fabio – wie seinerzeit schon beim Maastricht‑Urteil – demokratie‑ und staatstheoretisch weit ausgeholt worden. Speziell für diejenigen, die sich mit Sicherheits‑ und Verteidigungspolitik beschäftigen, sei auf den Beitrag „Integrationsziel europäische Armee?“ (Thym) hingewiesen. Im Anhang gibt es außer dem rund 110 Seiten langen Urteilstext eine für die Orientierung hilfreiche Bibliografie der zur Entscheidung inzwischen erschienenen Literatur (Stand Mai 2010).
Robert Chr. van Ooyen (RVO)
Dr., ORR, Hochschullehrer für Staats- und Gesellschaftswissenschaften, Fachhochschule des Bundes Lübeck; Lehrbeauftragter am OSI der FU Berlin sowie am Masterstudiengang "Politik und Verfassung" der TU Dresden.
Rubrizierung: 3.7 | 3.1 | 2.323 Empfohlene Zitierweise: Robert Chr. van Ooyen, Rezension zu: Armin Hatje / Jörg Philipp Terhechte (Hrsg.): Grundgesetz und europäische Integration. Baden-Baden: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/32591-grundgesetz-und-europaeische-integration_38900, veröffentlicht am 19.11.2010. Buch-Nr.: 38900 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken