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Daniela Kallinich / Frauke Schulz (Hrsg.)

Halbzeitbilanz. Parteien, Politik und Zeitgeist in der schwarz-gelben Koalition 2009-2011

Stuttgart: ibidem-Verlag 2011; 363 S.; 49,90 €; ISBN 978-3-8382-0271-6
„Gurkentruppe, Rumpelverein, Chaosmannschaft“ – spätestens ein Jahr nach der Bundestagswahl 2009 rief die „Chiffre von der ‚Wunschkoalition’ […] nur noch verächtlichen Spott hervor“ (12), erinnert Franz Walter an den Fehlstart und die zahlreich aufeinanderfolgenden Tiefpunkte der christlich‑liberalen Koalition. In seinem einführenden Beitrag dieses Bandes ordnet er die schwarz‑gelbe Regierungsbildung in den breiteren historischen Kontext ein und verweist auf die Gesetzmäßigkeiten deutscher Machtwechsel. Danach reagieren neue Regierungen lediglich auf längst begonnene gesellschaftliche Prozesse, vollziehen sie politisch nach und bringen sie in Rechtsform; sie initiieren aber keinen neuen Aufbruch. Der Fehlstart der schwarz‑gelben Regierung war zudem hausgemacht und hatte mit der Vorgeschichte der Bundestagswahl 2009 zu tun, konstatiert Christian Werwath. So trafen zwei Parteien des bürgerlichen Lagers zusammen, die sich in der Zeit der großen Koalition voneinander entfernt hatten, ein unterschiedliches Verständnis von Regierungsführung mitgebrachten und letztlich unfähig waren, zwischen den verschiedenen bürgerlichen Milieus, die sich ebenfalls in dieser Zeit ausdifferenzierten, zu vermitteln. Dieses Manko hängt auch mit den Akteuren selbst, ihren persönlichen Ressourcen und taktischen Strategien zusammen, die Michael Lühmann und Frauke Schulz in den Blick nehmen und mit dem allgemeinen gesellschaftlichen Trend der Krisenangst und Suche nach Orientierung in Verbindung setzen. Das „Auf und Nieder der prominenten Aushängeschilder des Kabinetts verstärkte den Eindruck der Instabilität der Regierung. […] Die Unruhe auf der Regierungsbank steht dabei sinnbildlich für das Verhältnis der Koalitionspartner zueinander.“ (130) Es habe an einer gemeinsamen inhaltlichen Programmatik und an einer „positive[n] Begründung“ (131) eines ohnehin in der Krise befindlichen Konservatismus gefehlt. Genau vor diesem Hintergrund der sich in Auflösung befindlichen bürgerlichen Mitte werden in den weiteren Beiträgen unter anderem die Wirtschafts‑, Außen‑ und Sozialpolitik untersucht. Ein weiteres Kapitel ist den Oppositionsparteien gewidmet. Abschließend halten die Herausgeberinnen fest, dass, beklagt man nur die vielen misslichen Umstände und die fehlenden Visionen, die Kritik zu kurz greife, denn: „Auch wenn die Merkelsche Regierung also nicht immer zum eigenen Vorteil gehandelt hat, so unterscheidet sie das Ausmaß der Kritik zumindest nur in einigen, wenigen Teilbereichen von vergangenen Regierungen.“ (357) Vielmehr seien die Erwartungen von Medien und Öffentlichkeit an neue Koalitionen generell überhöht.
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.315 | 2.331 | 2.322 | 2.342 | 2.343 | 4.21 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Daniela Kallinich / Frauke Schulz (Hrsg.): Halbzeitbilanz. Stuttgart: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36353-halbzeitbilanz_44406, veröffentlicht am 31.10.2013. Buch-Nr.: 44406 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken