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Dieter Sturma / Bert Heinrichs (Hrsg.)

Handbuch Bioethik. Hrsg. in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Referenzzentrum für Ethik in den Biowissenschaften (DRZE)

Stuttgart/Weimar: Verlag J. B. Metzler 2015; VI, 487 S.; 69,95 €; ISBN 978-3-476-02370-4
Wie ist mit „belebter und unbelebter Natur“ ethisch angemessen umzugehen? Die Bioethik werde häufig mit medizinischer Bioethik und dabei vor allem mit Fragestellungen, die mit neuen technischen Möglichkeiten in der Medizin verbunden seien, gleichgesetzt. Die interdisziplinäre Bioethik umfasse neben der Medizinethik aber auch Tier‑ und Umweltethik und habe allgemein gesagt „den wissenschaftlich vermittelten Umgang mit Leben“ (1) zum Thema. Die Herausgeber verweisen einleitend darauf, dass sich die Bioethik methodisch auf die Hauptströmungen der gegenwärtigen Moralphilosophie bezieht, etwa auf die Tugendethik, den Konsequentialismus und die deontologische beziehungsweise kantianische Ethik. Argumentiert werde meist anhand konkreter Problemfälle, die aber in metaethische Vergleiche eingeordnet werden müssten, um Verzerrungen zu vermeiden und eine gewisse Allgemeingültigkeit beanspruchen zu können. Neben zentralen Konzepten des Titelbegriffs sowie Schnittstellen zu anderen Disziplinen und Institutionen werden im Handbuch in Einzelbeiträgen Themen von A wie Altern über Ö wie Ökologie bis W wie Wunscherfüllende Medizin abgehandelt. Mitherausgeber Dieter Sturma, Direktor des Deutschen Referenzzentrums für Ethik in den Biowissenschaften (DRZE), das an der Publikation des Handbuchs beteiligt ist, schreibt beispielsweise über den Begriff der Natur. Durch seine kulturelle Entwicklung habe sich der Mensch immer weiter „von seiner natürlichen Umgebung distanziert und eine Vielzahl von theoretischen und praktischen Naturverhältnissen entwickelt“ (115). Von zentraler Bedeutung sei nun die Infragestellung des anthropozentrischen Weltbilds: Solle dem Menschen eine ethische Sonderstellung zugebilligt werden? Oder haben andere leidensfähige Lebensformen beziehungsweise das ganze Ökosystem einen gleichrangigen Status und gleiche Rechte auf moralische Anerkennung? Unter dem Stichwort „Gender“ geht Silke Schicktanz der Frage nach, ob es eine genderspezifische Ethik geben könne und solle. Relevant seien Stereotype und dichotome Strukturen vor allem in der „ethics of care“ (263), schreibt sie und verweist darauf, dass sich auch aus vergeschlechtlichten Rollen in der Elternschaft oder bei der Pflege von Angehörigen Abhängigkeiten und Asymmetrien ergäben. Relevant sei die Genderfrage weiterhin auch bei bioethischen Perspektiven auf die Reproduktionsmedizin oder in der Kinder‑ und Jugendheilkunde. Insgesamt bietet das Handbuch mit seinen zahlreichen Einzelbeiträgen einen umfassenden Überblick über die Thematik.
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Rubrizierung: 5.441.1 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Dieter Sturma / Bert Heinrichs (Hrsg.): Handbuch Bioethik. Stuttgart/Weimar: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39052-handbuch-bioethik_47369, veröffentlicht am 05.11.2015. Buch-Nr.: 47369 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken