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Ines Härtel (Hrsg.)

Handbuch Föderalismus – Föderalismus als demokratische Rechtsordnung und Rechtskultur in Deutschland, Europa und der Welt. Band III: Entfaltungsbereiche des Föderalismus

Heidelberg u. a.: Springer 2012; XLII, 992 S.; 139,95 €; ISBN 978-3-642-15524-6
Der dritte Band des vierbändigen Föderalismus‑Handbuchs (siehe die Buch‑Nr. 45120 und 45121) widmet sich den Politikfeldern im deutschen Bundesstaat, in denen die föderale Dimension eine besondere Relevanz entfaltet – mithin die Länder originäre Kompetenzen besitzen. Es ist der Herausgeberin gelungen, Autorinnen und Autoren für Themenfelder zu gewinnen, die in gängigen Anthologien zur Materie eher stiefmütterlich behandelt oder gar ganz außer Acht gelassen werden. So hat der frühere Datenschutzbeauftragte der Bundesregierung Peter Schaar einen Beitrag zur Datenschutzproblematik beigesteuert, die seit der Föderalismusreform I an Relevanz gewonnen hat. Der frühere Präsident des Bundesnachrichtendienstes August Hanning beleuchtet hingegen den Politikbereich der inneren Sicherheit. Auch der Kulturföderalismus erfährt durch immerhin drei Beiträge eine ungewöhnlich breite Würdigung. Etwas unterbelichtet fällt hingegen leider das Feld der Sozialpolitik aus, auch wenn sich Otfried Seewald in seinem deutlich längeren Beitrag redlich um eine Tour d’horizon durch die bestehenden Systeme des sozialen Bundesstaates bemüht. Ähnlich wie auch in anderen Beiträgen, verstellt seine streng rechtliche Perspektive allerdings leider ein wenig den Blick auf die originär föderale Sprengkraft dieses Politikfeldes. Die zeigt sich beispielsweise bei der Hartz IV‑Problematik. Diese volumenmäßig umfangreichste Mischfinanzierung in der Geschichte der Bundesrepublik wurde just in dem Moment vom Gesetzgeber geschaffen, als im Rahmen der Föderalismuskommission I über Möglichkeiten einer generellen Entflechtung dieser seit Langem kritisierten Verflechtungsform diskutiert wurde. Einen wirklichen Mehrwert dieses Bandes bildet der Beitrag „Föderalismus im Spiegel der Demoskopie“ (749) von Renate Köcher, in dem sie in empirisch unterfütterter Weise den diversen juristischen Status quo‑Darstellungen Hinweise auf die föderalen Einstellungen der Bevölkerung entgegensetzt. Dass Erhebungszeiträume und Stichprobengröße der Befragten dabei nicht immer auf einen Blick ersichtlich sind, ist misslich. Wichtiger für die Forschung ist hingegen der Hinweis, dass die Bevölkerung einen Wettbewerb zwischen den Bundesländern mehrheitlich ablehnt und auch sonst eher ambivalente Einstellungen zur Bund‑Länder‑Konstruktion des deutschen Föderalismus hegt. Die drei letzten Beiträge des Bandes zu den drängenden Fragen Demografie, Bürgergesellschaft und Migration schaffen es leider nicht wirklich, die föderalen Konfliktlinien zwischen Bund und Ländern aufzuzeigen, da sie zu sehr in der Darstellung der hinlänglich bestehenden Problemstrukturen verharren.
Henrik Scheller (HS)
Dr. phil., Dipl.-Politologe, wiss. Mitarbeiter, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl Politik und Regieren in Deutschland und Europa, Universität Potsdam.
Rubrizierung: 1.12.3252.3422.3432.352.333 Empfohlene Zitierweise: Henrik Scheller, Rezension zu: Ines Härtel (Hrsg.): Handbuch Föderalismus – Föderalismus als demokratische Rechtsordnung und Rechtskultur in Deutschland, Europa und der Welt. Heidelberg u. a.: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37322-handbuch-foederalismus--foederalismus-als-demokratische-rechtsordnung-und-rechtskultur-in-deutschland-europa-und-der-welt_45122, veröffentlicht am 24.07.2014. Buch-Nr.: 45122 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken