
Handbuch Parteienforschung
„Die Parteienforschung repräsentiert eine interdisziplinäre sozialwissenschaftliche Disziplin im Schnittstellenbereich von Politikwissenschaft und Soziologie, die mit einem außergewöhnlich umfangreichen und breit aufgefächerten Erfahrungsgegenstand befasst ist“ (13), schreibt der prominente Parteienforscher Elmar Wiesendahl. Angesichts der Bedeutung dieses Untersuchungsschwerpunktes für die gesamte Politikwissenschaft verwundert es, dass es so lange Zeit kein umfangreiches Kompendium zu diesem Thema gab. Diese Lücke wird jetzt mit dem von Oskar Niedermayer herausgegebenen Handbuch geschlossen, der ebenfalls zu den führenden Parteienforschern des Landes zählt. Ein 29‑köpfiges Autorenteam, das sowohl aus etablierten als auch aus aufstrebenden Wissenschaftlern besteht, betrachtet die verschiedenen Aspekte der Parteienforschung: Thematisiert werden sowohl die Funktionen als auch das Innenleben von Parteien (wie etwa die Mitgliederentwicklung oder die Willensbildungsprozesse). Darüber hinaus geht es um die Parteien innerhalb ihres politischen und gesellschaftlichen Beziehungsgeflechts, beispielsweise um Parteienkoalitionen oder das Verhältnis zwischen Medien und Parteien. Analysiert werden nicht nur Parteiensysteme in den verschiedenen historischen Phasen seit dem Kaiserreich, sondern es wird abschließend auch ein Blick auf die Parteien in anderen Ländern geworfen. Dabei fehlt aber leider ein Aufsatz zu den USA, wo die Situation ja deutlich von der in Europa divergiert. In den Beiträgen wird nicht nur der aktuelle Stand referiert, sondern auch auf offene Forschungsfragen hingewiesen. So sehen etwa Sebastian Bukow und Thomas Poguntke „Forschungsbedarf [...] hinsichtlich der Frage, wie oft direktdemokratische Verfahren auf lokaler Ebene bei der Personalauswahl zur Anwendung kommen“ (199). Der Herausgeber rät, „Anstrengungen zur Verstetigung von Parteimitgliederbefragungen in regelmäßigen Zeitabständen zu unternehmen“ (170). Insgesamt liegt ein empfehlenswertes Kompendium vor, das alle, die sich – ob nun als Wissenschaftler, Studierende, Journalisten oder Politiker – mit Parteien beschäftigen, nutzen sollten.