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Alexandra Popp

Hannah Arendt. Eine Denkbiografie

Stuttgart: Schmetterling Verlag 2015; 229 S.; 12,80 €; ISBN 978-3-89657-020-8
„Die hauptsächlichen Themen von Arendts politischer Theorie können mehr oder weniger als Antworten auf [… ihre persönlichen] Erfahrungen gesehen werden“ (208), bemerkt Alexandra Popp gegen Ende ihrer „Denkbiografie“, in der besonders der Zusammenhang von Leben und Werk im Mittelpunkt steht. Arendt selbst sah sich nie als Philosophin, sondern als Vertreterin der politischen Theorie, was Popp trotz einer detaillierten Rekonstruktion der Arendt‘schen Theorietradition – vor allem des antiken (aristotelischen) Politikverständnisses – stets berücksichtigt. So geht die Autorin, nach einer kurzen biografischen Einleitung, auf die zentralen Themenkomplexe ein, wobei die der Politik und Macht herausstechen, da die Erfahrungen mit dem (deutschen) Totalitarismus und der Auswanderung Arendts in die USA miteinbezogen werden. Dies führt in deren Theorie letztendlich zu einem stark ausgeprägtem und in der öffentlichen Sphäre verortetem Handlungsbegriff, der politische Teilnahme (nicht nur Teilhabe) einfordert sowie das übergeordnete Ziel politischen Handelns definiert: das aktive Streben nach Freisein. Bei der Auseinandersetzung mit dem Machtbegriff, der bei Arendt aufgrund seiner dynamischen Elemente analytisch von Herrschaft getrennt wird, hätte ein Blick in die soziologische (Macht‑)Forschung (insbesondere Max Webers) noch mehr Anschlusspunkte ergeben können. Trotzdem wird die Trennung als eine Theorie‑Evolution aufgefasst, da diese in der politischen Theorie oft nicht vorgenommen wird oder wurde. Neben der vertieften Beschäftigung mit der Totalitarismus‑Studie ist nun das abschließende Kapitel zur Anwendbarkeit der Arendt‘schen Theorie interessant, auch wenn es leider vergleichsweise kurz ausfällt. Dabei fällt die einfach zu lesende Sprache, die zum Teil stilistische Tiefe vermissen lässt, sowie der auch in diesem letzten Kapitel vorherrschende deskriptive Charakter auf, obwohl gerade hier eine Weiterentwicklung und Analyse sinnvoll erscheint. Dennoch werden die Themen der Tätigkeitsgesellschaft, Weltbürgergesellschaft und Zivilgesellschaft exzellent mit der Theorie verknüpft. Popp zeigt sowohl in Bezug auf die Tätigkeitsgesellschaft als auch auf die Zivilgesellschaft die Kehrseite des Arendt‘schen Politikverständnisses, die in der Ausklammerung des Sozialen besteht. So sind laut Popp zivilgesellschaftliche Elemente im Sinne Arendts zwar als politische aktive Teilnahme zu verstehen, aber gleichzeitig nur auf Basis sozialer Sicherheit möglich, was in der Theorie jedoch ausgeblendet wird.
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Rubrizierung: 5.46 Empfohlene Zitierweise: Christian Heuser, Rezension zu: Alexandra Popp: Hannah Arendt. Stuttgart: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39338-hannah-arendt_47306, veröffentlicht am 04.02.2016. Buch-Nr.: 47306 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken