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Philipp Casula

Hegemonie und Populismus in Putins Russland. Eine Analyse des russischen politischen Diskurses

Bielefeld: transcript Verlag 2012; 347 S.; kart., 33,80 €; ISBN 978-3-8376-2105-1
Soziolog. Diss. Basel; Begutachtung: U. Stäheli, H. Haumann. – Die konventionelle Transformationsforschung basiert nach wie vor auf modernisierungstheoretischen, teleologischen Grundannahmen, obwohl die vielfältigen Hybridregime, die im Zuge der „Demokratisierungswellen“ (Huntington) entstanden sind, nur selten dem vorgedachten Pfad der Demokratisierung folgen und sich mitunter als äußerst persistent erweisen. Dieser Realität einer keineswegs geradlinigen, sondern multiplen und politisch umkämpften Transition versucht Philipp Casula mit einem „Post‑Transition‑Ansatz“ (17) im Hinblick auf die Konsolidierung Russlands unter Vladimir Putin gerecht zu werden. Im Mittelpunkt seiner Arbeit steht die Frage nach der komplexen Artikulation und Stabilisierung einer russischen Identität, die Putins Politik legitimiert und normativ auszeichnet. Dabei legt der Soziologe einen post‑strukturalistischen, in erster Linie an der Hegemonie‑ und Populismustheorie Ernesto Laclaus (und Chantal Mouffes) geschulten Identitätsbegriff zugrunde, der nationale Identität nicht als monolithische Institution, sondern als diskursiv konstruierte, das heißt als kontingente, prekäre und machtvoll fixierte Struktur konzipiert. Während die Rekonstruktion dieses Theoriegebäudes stark vereinfachend ausfällt, sind die Analysen des hegemonialen und der gegen‑hegemonialen Diskurse umso beeindruckender. So macht Casula beispielsweise deutlich, dass sich die herausragende Stellung Putins nicht nur auf dessen natürlichem Charisma, sondern in erster Linie auf der Funktion gründet, die sein Name im hegemonialen Diskurs erfüllt. ‚Putin‘ fungiert als „Repräsentant des politischen Konsenses“ (159), eines „Zentrismus“ (245), der die post‑sowjetische Spaltung zwischen einem liberal‑demokratischen und einem patriotisch‑kommunistischen Diskurs aufgehoben hat, und in der Folge zur Symbolfigur eines wiedererstarkten, einigen Russlands avancieren konnte. Casulas hegemonietheoretisch informierter Post‑Transition‑Ansatz entgeht dem impliziten Normativismus der traditionellen Transitionsforschung und trägt der Ergebnisoffenheit, der Prekarität und der Komplexität politischer Wandlungsprozesse Rechnung.
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Rubrizierung: 2.622.22.22 Empfohlene Zitierweise: Marius Hildebrand, Rezension zu: Philipp Casula: Hegemonie und Populismus in Putins Russland. Bielefeld: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37317-hegemonie-und-populismus-in-putins-russland_43311, veröffentlicht am 24.07.2014. Buch-Nr.: 43311 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken