Skip to main content
Henning Köhler

Helmut Kohl. Ein Leben für die Politik. Die Biografie

Berlin: Quadriga Verlag 2014; 1.001 S.; geb., 32,- €; ISBN 978-3-86995-076-1
„Helmut Kohls Leben für die Politik fand – mit der Spendenaffäre als in Erinnerung bleibendem Schlusspunkt – ein Ende, das er nicht verdient hat.“ (9) Ohne Zweifel hat Kohl die deutsche Politik in entscheidenden Phasen maßgeblich mitgeprägt – dennoch sucht man die analytische Begründung für die leitende These des Autors auf den fast tausend Seiten Text vergeblich. Henning Köhler, bis 2003 Professor für Neuere Geschichte an der FU Berlin, beschränkt sich darauf, streng chronologisch den Werdegang des einstigen CDU‑Vorsitzenden und ehemaligen Bundeskanzlers nachzuerzählen. Dabei verbleibt er an der politischen Oberfläche, auffällig fehlen inhaltliche Vertiefungen von Politikbereichen, die Kohl wichtig gewesen sein mögen – von einigen Hinweisen auf ein frühes Interesse an der Hochschulpolitik und später an der Geschichtspolitik abgesehen – sowie ein Einblick in die persönlichen Beziehungen. Dass Kohl überhaupt Freunde hatte, erfährt man zum ersten Mal auf Seite 285 im Abschnitt über den RAF‑Terrorismus und die Entführungen von Lorenz und Schleyer im Nebensatz. Ohnehin bleibt die Person Helmut Kohl seltsam unscharf und damit auch unerklärt, warum sich dieser sehr erfolgreiche Politiker sowohl in der eigenen Partei als auch in den Medien wiederholt offene Feindschaften zuzog. An Kohl kann es wohl nicht gelegen haben, so die Aussage, die Köhler vermitteln will, sei dieser doch stets auf Konsens bedacht und persönlich wenig eitel gewesen. Um dieses Bild zu festigen, deutet Köhler zahlreiche Begebenheiten so, dass irgendwie immer die anderen Schuld daran hatten, dass öffentlich ein schlechter Eindruck entstand – und sei es Ronald Reagan in Bitburg. Zudem wird praktisch jeder Journalist der Republik, der sich zu Kohl kritisch äußerte, einfach abgewatscht, ohne dass der jeweilige Dissens ausgelotet würde. Bedauerlich ist außerdem, dass Köhler die wichtigen politischen Ereignisse, die Kohl mitprägte, nur allgemein Revue passieren lässt – ein Beispiel unter vielen sind die dürren Ausführungen zum Milliardenkredit für die DDR. Statt von kritischer Reflexion ist das Buch von den persönlichen Einschätzungen Köhlers geprägt, was die Lektüre insgesamt (von Lesespaß kann gar nicht gesprochen werden) unergiebig macht.
{NW}
Rubrizierung: 2.32.3132.3152.352.3312.3432.3224.212.3422.3323.7 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Henning Köhler: Helmut Kohl. Berlin: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38441-helmut-kohl_46647, veröffentlicht am 21.05.2015. Buch-Nr.: 46647 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken