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Jürgen Busche

Helmut Kohl. Anatomie eines Erfolgs

Berlin: Berlin Verlag 1998; 304 S.; 39,80 DM; ISBN 3-8270-0282-6
Angesichts der 16 Jahre währenden Amtszeit Helmut Kohls als Bundeskanzler und der 25 Jahre als Vorsitzender der CDU haben Beobachter und Kritiker wiederholt die Frage gestellt, wie der politische Erfolg Kohls zu erklären ist. Busche, Chefredakteur der Badischen Zeitung in Freiburg, will in seiner essayistischen Kohl-Biographie genau dieser Frage nachgehen: "Wie hat er das eigentlich gemacht?" (172) Dazu verfolgt Busche den Lebensweg Kohls von seinem Studium in Heidelberg bis zur letzten Amtszeit als Bundeskanzler. Den Erfolg Kohls führt der Autor generell auf mehrere Faktoren zurück. Dazu zählen die Zähigkeit und Ausdauer im Kampf um politische Macht; die Fähigkeit, Verbündete und Gefolgsleute um sich zu scharen; die Fähigkeit, Demütigungen und Spott zu ertragen; kluges strategisches Vorgehen und Geduld im Kampf um innerparteiliche Macht. Als den entscheidenden Punkt unter all diesen Faktoren sieht Busche allerdings die Konzentration Kohls auf den Erwerb, die Absicherung und den Erhalt seiner innerparteilichen Machtstellung. Hierbei habe Kohl in erster Linie auf enge persönliche Bindungen gesetzt. So konnte er die Partei auf allen Ebenen beherrschen und die von ihm angestrebten Ziele durchsetzen. Die Ziele und Inhalte seiner Politik habe Kohl hingegen entweder vorgefunden oder von anderen ausarbeiten lassen (267 f.). Busche untersucht auch die Zielsetzungen und die Motivation Kohls und versucht, eine Bilanz seines Wirkens zu ziehen. Als wichtigste Ziele des politischen Schaffens Kohls sieht der Autor neben einer "geistig-moralischen Wende" in Deutschland (175) und der Wiedervereinigung Deutschlands den europäischen Integrationsprozeß (303). Vor dem Hintergrund einer sich hier und da abzeichnenden Abkehr der CDU vom Ziel der europäischen Vereinigung kommt Busche zu einer Schlußbetrachtung, die verdeutlicht, inwiefern Kohl und diejenigen, die ihm hierin folgten, bereit waren, das Wohl der Partei der Verwirklichung seiner Ziele unterzuordnen: "Darum gewinnt Kohl, wenn 1998 Europa gewinnt, und mit Europa die Bundesrepublik. Dafür muß er auf seinem Platz bleiben, solange es geht. Wenn dabei die Partei verliert, ist das ein Unglück – aber doch vor dem Hintergrund ihrer Geschichte seit 1945 das kleinere Unglück." (303 f.) Inhalt: 1. Kohl bei Jünger; 2. Die Kanzler der Republik; 3. Kohl studiert; 4. Kohl fängt an; 5. Kohl will Parteivorsitzender werden; 6. Kohl ist Parteivorsitzender; 7. Kohl will Kanzler werden; 8. Strauß will Kanzler werden; 9. Kohl wird Kanzler; 10. Kohl läßt sich wählen; 11. Kohlwitze; 12. Kohls politische Ziele; 13. Balancen, Blamagen und Bilanzen; 14. Bitburg; 15. Aufstand gegen Kohl; 16. Deutsche Einheit für Europa; 17. Einheit für die Deutschen; 18. Kohl und seine Freunde; 19. Kohl und der Osten; 20. Kohl tritt noch einmal an. Nachwort.
Sven Christian Singhofen (SCS)
M. A., Doktorand, Institut für Sozialwissenschaft (Bereich Politikwissenschaft), Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.3 | 2.33 Empfohlene Zitierweise: Sven Christian Singhofen, Rezension zu: Jürgen Busche: Helmut Kohl. Berlin: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/4645-helmut-kohl_8366, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 8366 Rezension drucken