
"Herrschaft" in der Soziologie Max Webers
Die Publikation ist mehr als eine Neuherausgabe der 1991 im Campus Verlag erschienenen Studie „Max Webers Herrschaftssoziologie“. Breuer reflektiert einerseits die immense Forschungsliteratur parallel zur fortschreitenden Veröffentlichung der Gesamtausgabe Webers und dokumentiert andererseits, wie sehr er sich über die letzten Jahre hinweg seinem Sujet angenähert hat. Entsprechend selbstkritisch heißt es im Vorwort: „Anstatt, wie es die Aufgabe werkgetreuer Auslegung wäre, die Systematik der Texte zu entfalten, habe ich mich [damals] allzu oft darauf kapriziert, Lücken in Webers Argumentation aufzuspüren und diese mit Theoriebausteinen zu füllen, die aus fremden Denktraditionen entnommen waren“ (VII). Hier ist nicht der Platz, den vollen Umfang sämtlicher Aktualisierungen und Veränderungen darzulegen – es handelt sich im Prinzip um ein völlig neues Buch, das nur noch wenig mit der ersten Fassung gemein hat. Die getroffenen Differenzierungen und Akzentverschiebungen zielen auf eine werkgetreuere Auslegung, weshalb Breuer nun weitgehend darauf verzichtet, Weber einer externen – etwa marxistisch beeinflussten – Kritik zu unterziehen. Dass heute die Argumentation eher analytisch ist, beruht vor allem auf seiner nun prinzipiellen Zustimmung: Hatte er noch 1991 Weber vorgeworfen, die Soziogenese von Herrschaft zu unterschlagen und „sich einseitig auf die Effekte der Herrschaft zu konzentrieren“ (27), heißt es nun abgeklärt, es sei ein Trugschluss, dass in der postmodernen Konstellation Herrschaft und Staat verschwinden werden. Geblieben ist jedoch die von Breuer diagnostizierte Krise des formalen Rechts zugunsten von Neokorporatismus und New Public Management sowie die Gefährdung legaler Herrschaft angesichts des Wiederaufstieges des postdemokratischen Neopatrimonialismus.