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Peter Hoeres / Armin Owzar / Christina Schröer (Hrsg.)

Herrschaftsverlust und Machtverfall

München: Oldenbourg Verlag 2013; VIII, 311 S.; 64,95 €; ISBN 978-3-486-71668-9
Mit Hans‑Ulrich Thamer wurde 2011 einer der profiliertesten deutschen Neuzeithistoriker emeritiert (siehe etwa Buch‑Nr. 17550). Im Oktober 2008 hatte anlässlich seines 65. Geburtstages in Münster ein Festkolloquium stattgefunden, dessen Beiträge nun gedruckt vorliegen. An der Schnittstelle von Geschichts‑ und Politikwissenschaften werden darin in zeitlich weit gespannter Perspektive Prozesse von Herrschafts‑ und Machtverlust und ‑zerfall analysiert. Ein gemeinsamer theoretischer Rahmen wird dabei nicht angestrebt. Vielmehr werden die genannten Prozesse in vier Kapiteln „sowohl als historische Phänomene mit einer konkreten Verlaufsgeschichte, die auf Kausalitäten und Einflussfaktoren hin befragt werden kann, [thematisiert,] als auch als Gegenstände der historiographischen oder politischen Interpretation, die in verschiedenen Kontexten jeweils unterschiedliche Deutungsmuster hervorgebracht […] haben“ (14). Hierbei ließen sich „zeitübergreifende Strategien zur Akzeptanzsteigerung bei Herrscherwechseln“ konstatieren, aber auch „kontextabhängig fundamentale Unterschiede hinsichtlich der beteiligten Akteure, Zielgruppen und Legitimationsmuster“ (17) feststellen. Die Braunschweiger Neuzeithistorikerin Ute Daniel arbeitet am Beispiel von Darstellungen zum Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation verschiedene Erzählmuster von Niedergangsprozessen heraus. Diese dienten als „straffende Elemente der Darstellung“ und komprimierten „komplexe historische Ereignisse, Tendenzen und Strukturwandlungen zu einer linear verlaufenden ,Entwicklung‘, die dadurch gleichzeitig erklärt wird“ (59). Damit implizierten sie eine gewisse Zwangsläufigkeit der geschilderten Entwicklung. Die Münsteraner Neuzeithistorikerin Barbara Stollberg‑Rilinger widmet sich der zeitgenössischen Wahrnehmung des Endes des Alten Reiches. Anhand des Begriffs der „organisierten Heuchelei“ versucht sie nachzuweisen, wie „struktureller Machtverfall sich über längere Zeit hinter institutionellen Fassaden, symbolischen‑rituellen Konventionen und Sprachregelungen“ (110) verbergen kann. So werde die Aufrechterhaltung institutioneller Normen bei gleichzeitigem Verstoß dagegen möglich.
Martin Munke (MUN)
M. A., Europawissenschaftler (Historiker), wiss. Hilfskraft, Institut für Europäische Studien / Institut für Europäische Geschichte, Technische Universität Chemnitz.
Rubrizierung: 2.22.252.232.312.612.24 Empfohlene Zitierweise: Martin Munke, Rezension zu: Peter Hoeres / Armin Owzar / Christina Schröer (Hrsg.): Herrschaftsverlust und Machtverfall München: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36590-herrschaftsverlust-und-machtverfall_44881, veröffentlicht am 09.01.2014. Buch-Nr.: 44881 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken