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Christian Ewers

Ich werde rennen wie ein Schwarzer, um zu leben wie ein Weißer. Die Tragödie des afrikanischen Fußballs

Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2010; 164 S.; geb., 17,95 €; ISBN 978-3-579-06872-5
Beim afrikanischen Fußball denkt man an zahlreiche talentierte Sportler und deren verspielte Technik. Dennoch mussten afrikanische Mannschaften bei vergangenen Weltmeisterschaften spätestens im Viertelfinale ausscheiden. Um diesem Phänomen auf den Grund zu gehen, reiste der Autor nach Sansibar, Ghana, Kamerun, an die Elfenbeinküste und nach Südafrika, sprach mit Spielern sowie afrikanischen und europäischen Klubmanagern und Sportagenten. Ewers macht gleich zu Beginn klar: „Die Geschichte des Fußballs in Afrika ist von Anfang an die Geschichte eines Missbrauchs“ (9). Die Ursachen dieser Geschichte sieht der Autor in einer verzerrten und stereotypen Wahrnehmung, die den Missbrauch erst ermöglicht. In den Augen Europas sei Afrika der geschundene, dunkle Kontinent. Umgekehrt sei Europa in den Augen Afrikas das Paradies. Diese Sichtweise führe dazu, dass man Afrika unbedingt verlassen wolle und sie löst damit Entwurzlungen und Heimatlosigkeit aus. Ewers erzählt denn auch Geschichten des Scheiterns, etwa aus Saint-Denis am Pariser Stadtrand. Nachdem sie es – oft illegal – nach Europa geschafft haben, warten dort auf verdreckten Sportplätzen hunderte Spieler in der Hoffnung, von einem Sportagenten entdeckt zu werden. Am Beispiel des ghanaischen Rekordvereins Asante Kotoko berichtet der Autor aber auch von hausgemachten afrikanischen Problemen. Bei seinem Interview mit der Finanzchefin des Vereins stellt sich heraus, dass sie keine Angaben zum Saisonetat machen kann und nicht einmal die durchschnittliche Zuschauerzahl des Vereins kennt. Einer der Berater des Vereins berichtet außerdem für den Zeitraum von 2006 bis 2009 von millionenschweren Spielertransfers an europäische Vereine – doch das Geld sei weg, er wisse nicht wohin. Bei solchen Zuständen schulden die Vereine ihren Spielern häufig gar die Gehälter. Positive Gegenbilder zeigt der Autor mit der erfolgreichen Jugendakademie Sol Béni an der Elfenbeinküste oder mit Blick auf die Funktion des Fußballs in südafrikanischen Townships, wo sich der Lebensweg häufig mit der Wahl zwischen Sportler oder Gangmitglied entscheidet.
Timo Lüth (TIL)
Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.67 | 2.263 | 4.42 Empfohlene Zitierweise: Timo Lüth, Rezension zu: Christian Ewers: Ich werde rennen wie ein Schwarzer, um zu leben wie ein Weißer. Gütersloh: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/32213-ich-werde-rennen-wie-ein-schwarzer-um-zu-leben-wie-ein-weisser_38423, veröffentlicht am 02.06.2010. Buch-Nr.: 38423 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken