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Paul Schäfer (Hrsg.)

In einer aus den Fugen geratenden Welt. Linke Außenpolitik: Eröffnung einer überfälligen Debatte

Hamburg: VSA 2014; 267 S.; 19,80 €; ISBN 978-3-89965-606-0
Es scheint das wesentlichste Merkmal unserer Epoche zu sein, wie Michael Brie schon zu Beginn hervorhebt, dass sie eine fundamentale Unsicherheit birgt, die sich jederzeit in einer weiteren Krise entladen kann. Damit ist auch schon vorweggenommen, was in dieser überfälligen Debatte eigentlich zu diskutieren ist: die Handlungsfähigkeit einer Linken, sprich ihre Regierungsfähigkeit. Denn angesichts der multiplen globalen Herausforderungen müsse (und könne) etwas getan werden. Wenn etwa die Handelspolitik die gesamte politische Ordnung determiniere, „ergibt sich daraus die Chance, ein breites Bündnis zu diesen Fragen zu schaffen“ (Frithjof Schmidt, 70) und so kann dann auch Global Governance als linkes Instrument attraktiv werden (Peter Wahl). Daher ist es nur pragmatisch, realpolitische Perspektiven zu entwerfen. Darin erscheinen beispielsweise die Vereinten Nationen als Schlüssel zu einer vernünftigen Weltordnung – in der lediglich die Doppelmoral zwischen Uni‑ und Multilateralismus zu überwinden wäre (Lothar Brock/Silke Weinlich) – und die Globalisierung müsse anhand der richtigen Werte vorangetrieben werden (Thomas Gebauer). Auch wenn die strukturellen Probleme der Europäischen Union behandelt werden, steht zwar fest, dass „ein emanzipatorischer Ausweg aus der Krise nur in einer Revision der Europäischen Verträge gefunden werden [kann]“ (Andreas Fisahn, 157), von den Strukturproblemen des zugrundeliegenden Wirtschaftssystems liest man aber nichts mehr. Zu einer Gegenüberstellung von Verantwortungs‑ und Gesinnungsethikern kommt es in der Debatte um eine linke Sicherheitspolitik, angesiedelt zwischen der Idee einer progressiven Friedenspolitik mit „idealistischem Kern“ (Marius Müller‑Hennig, 175), die auf eine pragmatische Regierungsbeteiligung setzt, und einem strikten Antimilitarismus, der die Außen‑ zu oft als Machtpolitik missbraucht sieht (Jan van Aken/Maria Oshana). Paul Schäfer fasst am Ende die Herausforderungen der Zukunft noch einmal zusammen und stellt tabellarisch die Positionen der tendenziell linken Parteien gegenüber, deren Unterschiede es zu überwinden gelte. Das Unbehagliche daran ist, dass hier die unterschwellige Selbstgewissheit, die Linke habe doch eigentlich schon alle Antworten parat und es fehle nur an Disziplin zur Umsetzung, mit einer Verkürzung der Kritik einhergeht. Der Imperativ, etwas müsse getan werden, dient hierbei zur zynischen Legitimation, mitunter auch mal das Falsche zu tun.
Alexander Struwe (AST)
B. A., Politikwissenschaftler, Student, Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Rubrizierung: 2.3314.214.414.44 Empfohlene Zitierweise: Alexander Struwe, Rezension zu: Paul Schäfer (Hrsg.): In einer aus den Fugen geratenden Welt. Hamburg: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37787-in-einer-aus-den-fugen-geratenden-welt_46139, veröffentlicht am 13.11.2014. Buch-Nr.: 46139 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken