
Inszenierungen des Rechts: Schauprozesse, Medienprozesse und Prozessfilme in der DDR
Der Band geht auf eine im Juni 2005 an der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin stattgefundenen interdisziplinären Tagung zurück. Die geschichts-, medien- und rechtswissenschaftliche Behandlung der medialen Inszenierung des DDR-Rechts soll zwei neue Forschungsansätze in der Aufarbeitung des Unrechtssystems DDR etablieren: Zum einen sollen neben den direkten repressiven Funktionen auch die mittelbaren, auf die gesellschaftliche Ordnung zielenden Aspekte des Rechts untersucht werden. Zum anderen befassen sich die Autoren mit dem Zusammenhang zwischen Recht und dessen Inszenierung in den Medien. Dabei ist nicht nur die Vielfältigkeit des vom SED-Regime genutzten Spektrums an Darstellungsmöglichkeiten auffällig, die sich sowohl formal wie inhaltlich im Verlauf der vierzig Jahre erheblich wandelten (durch politische Entwicklungen, den Einsatz neuer Technik und neuer künstlerischen Gestaltungsmöglichkeiten, Publikumsgeschmack). Interessant ist auch, wie die DDR-Führung mit dem grundsätzlichen Dilemma der propagierten Annahme einer verbrechensfreien sozialistischen Gesellschaft auf der einen sowie der Bekämpfung real vorhandener Kriminalität in der Praxis und der medialen Nachfrage nach Unterhaltung (in Form von Fernsehkrimis, Gerichtsfilmen, DEFA-Spielfilme) auf der anderen Seite umging. Unabhängig vom (fiktionalen) Format dienten die massenmedialen Rechtsdiskurse dem Erhalt und der Festigung des Unrechtstaates und seiner politischen Steuerungsfähigkeit.