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Werner Weidenfeld / Wolfgang Wessels (Hrsg.)

Jahrbuch der Europäischen Integration 2012

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2012; 590 S.; brosch., 54,- €; ISBN 978-3-8487-0068-4
Zum wiederholten Mal steht das Jahrbuch inhaltlich ganz im Zeichen der Staatsschuldenkrise im Euroraum (siehe etwa Buch‑Nr. 42920; die älteren Jahrgänge bis einschließlich 2009 sind mittlerweile unter http://www.wissen‑europa.de vollständig online einsehbar). Deren Herausforderungen werden für Werner Weidenfeld in allen Bereichen europäischen Regierens sichtbar, die „Großbaustelle Europa“ (13) bedürfe neuer „Ziele, Perspektiven, Orientierung“ (17). Besonders hinsichtlich der Frage der politischen Legitimation der Europäischen Union und der Vermittlung ihrer Aktivitäten in den Mitgliedstaaten habe es kaum Fortschritte gegeben. Hier liege ein „fundamentale[s] Strukturproblem“: „die Diskrepanz zwischen globalisierter Problemstruktur, teils internationaler und teils nationaler Entscheidungsstruktur, sowie weitgehender nationaler Legitimationsstruktur“ (24). In der wissenschaftlichen Analyse hätten diese Herausforderungen zwar zunächst zu einer „Renaissance von klassischen Denkschulen in allen Disziplinen“ (32) geführt. Wolfgang Wessels und sein Kölner Mitarbeiter Cyril Gläser sehen gleichwohl eine Erweiterung früherer integrationsrelevanter Debatten, indem die „Existenz […] eines europäischen Demos“ und „Grundannahmen zur Entwicklung europäischer Wohlfahrtstaaten“ (34) stärker zur Disposition gestellt werden. Kontrovers diskutiert wird vor allem die Rolle Deutschlands in der Schuldenkrise und bei ihrer Bekämpfung, was in zahlreichen Einzelbeiträgen deutlich wird. So konstatiert beispielsweise Joachim Schild für die neue französische Regierung unter François Hollande einen diametralen politischen Gegensatz zu Angela Merkel. Gleichzeitig herrsche die Wahrnehmung vor, „dass Deutschland als Schlüsselstaat […] bislang immer zu spät und zu wenig entschlossen reagiert habe“ (422). Das Jahrbuch, an dem erneut viele Nachwuchswissenschaftler*innen beteiligt sind, entwirft so einerseits und einmal mehr ein Gesamtpanorama der europäischen Integration. Andererseits schlägt es durch zahlreiche Querverweise und eine umfassende Bibliografie Schneisen durch die schier unübersehbare Publikationsflut zu diesem Thema.
Martin Munke (MUN)
M. A., Europawissenschaftler (Historiker), wiss. Hilfskraft, Institut für Europäische Studien / Institut für Europäische Geschichte, Technische Universität Chemnitz.
Rubrizierung: 3.1 | 3.2 | 3.3 | 3.4 | 3.5 | 3.6 | 3.7 Empfohlene Zitierweise: Martin Munke, Rezension zu: Werner Weidenfeld / Wolfgang Wessels (Hrsg.): Jahrbuch der Europäischen Integration 2012 Baden-Baden: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/221-jahrbuch-der-europaeischen-integration-2012_43648, veröffentlicht am 08.05.2013. Buch-Nr.: 43648 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken