Skip to main content
Uwe Backes / Alexander Gallus / Eckhard Jesse (Hrsg.)

Jahrbuch Extremismus & Demokratie (E & D). 24. Jahrgang 2012

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2012; 534 S.; geb., 54,- €; ISBN 978-3-8329-7999-7
In der Rubrik „Analysen“ ragen diesmal Aufsätze heraus, in denen bisher nicht zugängliche zeitgeschichtliche Quellen ausgewertet werden: Herbert Elzer rekonstruiert die Politik von Bundesregierung und SPD‑Vorstand um die Wiedereinbürgerung und Rückkehr des einstigen „linksrevolutionären“ Nationalsozialisten und Hitler‑Rivalen Otto Straßer aus Kanada, der mittels neutralistisch‑nationaler Konzepte zu Beginn der 50er‑Jahre zu reüssieren hoffte. Alexander Gallus bestätigt in seiner Analyse der Akten der „Studienstiftung des deutschen Volkes“ die Vorsicht vor biografischen Fehlinterpretationen im Falle von Meinhof, Mahler und Ensslin; der Weg in den RAF‑Terrorismus sei bei diesen hochbegabten Studienstiftlern eben keineswegs vorgezeichnet gewesen. In der Rubrik „Daten, Dokumente, Dossiers“ gibt es neben den von den Herausgebern erstellten Überblicken zu Wahlen und Organisationen in 2011 eine Einordnung des NSU in den deutschen Rechtsterrorismus (u. a. „Hepp‑Kexel“; „Freikorps Havelland“); hier verweist Armin Pfahl‑Traughber zugleich aber auch auf die Besonderheit vor allem fehlender politischer Kommunikation als wichtigem Merkmal von Terrorismus (keine öffentlichen „Bekennerschreiben“). Katharina Senge prüft radikale Gruppierungen in der „Linken“ auf Extremismus, der im Falle der „Kommunistischen Plattform“ eindeutig bejaht, bei der „Sozialistischen Linken“ aber verneint wird. Im ausführlichen Literaturteil gibt es eine Sammelrezension zu den Themen „Islamistischer Extremismus, Dschihad und arabische Umbrüche“; die „Neid‑These“ von Götz Aly („Warum die Deutschen“) wird in der Rubrik „Kontrovers“ besprochen und Friedrich/Brzezinskis Totalitarismus‑Klassiker „wieder gelesen“. Das „biographische Porträt“ gilt Jürgen Rieger, langjähriger Rechtsanwalt von Alt‑ und neuen Nazis, Rassist, Organisator des „Heß‑Gedenkens“ und vermögender Sponsor, zuletzt bis zu seinem Tod 2009 Stellvertreter des NPD‑Vorsitzenden Voigt. Nach Dänemark in 2011 ist diesmal das „Länderporträt“ zu Schweden – mit dem besonderen Befund, dass „harter“, parteipolitisch organisierter Extremismus dort seit 1990 kaum, militanter, insbesondere neonazistischer, aber (deshalb) eine erhebliche Rolle spielt, zumal „weiche“ linksradikale Kräfte politisch eingebunden, rechtsradikale jedoch generell ausgegrenzt würden. Dem marxistisch‑leninistischen „RotFuchs“ schließlich ist das „Zeitschriftenporträt“ gewidmet: ursprünglich ein 1998 gegründetes Berliner DKP‑Ortsgruppen‑Blatt, das sich jedoch 2001 nach Streit mit dem Bundesvorstand organisatorisch trennte und seitdem in Layout, Druckqualität, Umfang und Auflagenhöhe (inzwischen über 10.000) professionalisierte.
Robert Chr. van Ooyen (RVO)
Dr., ORR, Hochschullehrer für Staats- und Gesellschaftswissenschaften, Fachhochschule des Bundes Lübeck; Lehrbeauftragter am OSI der FU Berlin sowie am Masterstudiengang "Politik und Verfassung" der TU Dresden.
Rubrizierung: 2.37 | 2.332 | 2.35 | 2.61 Empfohlene Zitierweise: Robert Chr. van Ooyen, Rezension zu: Uwe Backes / Alexander Gallus / Eckhard Jesse (Hrsg.): Jahrbuch Extremismus & Demokratie (E & D). 24. Jahrgang 2012 Baden-Baden: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36604-jahrbuch-extremismus--demokratie-e--d-24-jahrgang-2012_43414, veröffentlicht am 16.01.2014. Buch-Nr.: 43414 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken