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Thomas Schmidinger

Jihadismus. Ideologie, Prävention und Deradikalisierung

Wien: Mandelbaum Verlag 2015 ; 125 S. ; 14,- €; ISBN 978-3-85476-481-6
Die Islamismus‑Prävention blieb lange einigen wenigen Praktikern überlassen, die mit geringen finanziellen Ressourcen versuchten, einem wachsenden gesellschaftlichen Problem zu begegnen. Inzwischen etabliert sich in den Sozialwissenschaften eine Deradikalisierungsforschung, und auch in der Politik hat ein Umdenken eingesetzt. So wurden in zahlreichen Bundesländern Vernetzungs‑ und Beratungsstrukturen nach dem Vorbild der Rechtsextremismus‑Prävention aufgebaut. Thomas Schmidinger schöpft in diesem Buch aus seiner Erfahrung beim Aufbau eines solchen Netzwerks („Netzwerk Sozialer Zusammenhalt“) in Österreich. Ihm ist es geglückt, das äußerst komplexe Thema auf 123 Seiten zu strukturieren und Akteuren, die auf diesem Gebiet Beratungs‑ und Informationsbedarf haben, einen schnellen und trotzdem fundierten Einstieg zu bieten. Er beginnt mit einer Zusammenschau der Vielfalt in „dem“ Islam, benennt die zentralen muslimischen Verbände Österreichs und erörtert das Spannungsverhältnis zwischen Religion und Politik. Ausdrücklich warnt er davor, aus Koranpassagen dem Islam eine generelle Tendenz etwa zur Gewalt oder Unterdrückung von Frauen zu unterstellen. Im anschließenden Hauptteil beschreibt Schmidinger kurz die Entstehungsgeschichte des modernen Islamismus und dann insbesondere die Entwicklung von Al Kaida und IS. Ein Großteil des Buches ist der Frage nach den Ursachen und Verläufen von Radikalisierungsprozessen und den entsprechenden Präventionsmaßnahmen gewidmet. Einmal mehr zeigt sich, wie wichtig dabei eine spezifische, sozialpädagogische Familienberatung, insbesondere betroffener Mütter, ist. Bei der Arbeit mit Radikalisierten selbst, etwa in Gefängnissen, lässt sich überdies an Erfahrungen aus dem Bereich Rechtsextremismus anknüpfen: Hier geht es unter anderem um neue Perspektiven, ein anderes soziales Umfeld und intensive Biografie‑Arbeit. Besonders bei etlichen aktuellen Syrien‑Heimkehrern besteht die Chance, dass eine Ernüchterung ob der realen Bedingungen des „Kalifats“ die Zugänglichkeit für Deradikalisierungsbemühungen begünstigt. Es sind Bücher wie dieses, die gegenwärtig zur Pflichtlektüre für Lehrkräfte und Sozialarbeiter erklärt werden müssten.
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Rubrizierung: 2.252.232.42.63 Empfohlene Zitierweise: Dirk Burmester, Rezension zu: Thomas Schmidinger : Jihadismus. Wien: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39324-jihadismus_47936, veröffentlicht am 28.01.2016. Buch-Nr.: 47936 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken