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Norbert Robers

Joachim Gauck. Vom Pastor zum Präsidenten. Die Biografie

Berlin: Koehler & Amelang 2012; 256 S.; 6. Aufl.; 19,90 €; ISBN 978-3-7338-0388-9
Joachim Gauck als Bundespräsident: „Schöne Aussichten für Deutschland?“ (13) Diese Frage hilft Norbert Robers zu beantworten, indem er Gaucks politische Karriere, seinen Lebensweg und die jeweiligen politisch‑gesellschaftlichen Umstände beleuchtet. Es gelingt ihm dabei ausgezeichnet, den Leserinnen und Lesern deutsch‑deutsche Geschichte nahezubringen, Hintergründe lebendig zu gestalten und an geeigneten Stellen Gaucks Anteil daran einzuflechten. Dessen Entwicklung zum „leidenschaftlichen Antikommunisten“ (24), wie er selbst es ausdrückt, fand durch Erfahrungen in der Schulzeit in Rostock und die Traumatisierung durch die Verschleppung des Vaters in sowjetische Strafgefangenschaft bereits in jungen Jahren statt. Auch dadurch gerieten die Schul‑ und Studienjahre turbulent, erst nach Annahme seiner ersten Pfarrstelle fand er als Pastor, insbesondere bei der Jugendarbeit, Erfüllung. Die politische Kritik stand dabei lange nicht im Vordergrund, auch wenn er aus seiner Haltung zum DDR‑Regime selten einen Hehl machte: „Mithin war der 13. August 1961 so etwas wie die eigentliche DDR‑Werdung der DDR, weil in aller Nacktheit und Brutalität zutage trat, unter welchen Umständen Sozialismus in Deutschland überhaupt nur existieren konnte.“ (37) Aber erst im Verlauf der Ereignisse im Oktober 1989 „wandelt sich seine moralisch‑romantische Opposition zu einer realistischen und fundamentalen“. (72) Diese Wandlung verläuft äußerst rasant, nicht einmal ein Jahr später wird Gauck zum Beauftragten der Bundesregierung für die Unterlagen des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit ernannt. Der Schwerpunkt des Bandes liegt auch – wenig überraschend – auf Gaucks „Kampf um die Akten“ (118). Ausführlich schildert Robers „die Last des Bundes‑Amtes, von juristischen Querelen und der medialen Dauerbeobachtung“ (199). Die Zeit nach der Übergabe der Behördenleitung an Marianne Birthler umschreibt der Autor mit der Mischung aus Bewunderung für Gauck und mit einem Humor, die das ganze Buch durchzieht: „Bürger Gauck reist fortan durch die Welt, als Aufklärer, Mahner und Seelendoktor. Sein Reisebüro freut sich über einen äußerst gefragten Kunden.“ (197) Besonders den anschließenden Ausführungen über Gauck „auf der größten deutschen Bühne“ (13) hätte weniger offensichtliche Begeisterung gutgetan, doch auch hier benennt Robers die wichtigsten Kritikpunkte, Meilensteine und Beweggründe, die Gaucks bisherige Amtszeit kennzeichnen, als „Freigeist und Anecker“ (238), als „Mann des Wortes“ (240) und als „Bürgerpräsident“ (242).
Simone Winkens (SWI)
M. A., Politikwissenschaftlerin, Online-Redakteurin.
Rubrizierung: 2.3 | 2.314 | 2.315 Empfohlene Zitierweise: Simone Winkens, Rezension zu: Norbert Robers: Joachim Gauck. Berlin: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36359-joachim-gauck_44507, veröffentlicht am 31.10.2013. Buch-Nr.: 44507 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken