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Forschungsgruppe Staatsprojekt Europa (Hrsg.)

Kämpfe um Migrationspolitik. Theorie, Methode und Analysen kritischer Europaforschung

Bielefeld: transcript Verlag 2014 (Kultur und soziale Praxis); 301 S.; 24,99 €; ISBN 978-3-8376-2402-1
Die Autor_innen untersuchen das „europäische Grenzkontrollregime“ (15 f.) und die damit verbundenen Transnationalisierungsprozesse des Staates. Mit diesem Band knüpfen sie an ihre Publikation von 2012 an (siehe Buch‑Nr. 42246). Dabei gehen sie von einer materialistischen Staatstheorie aus, die den Staat als gebündelte gesellschaftliche Kräfteverhältnisse fasst. Staaten sind demnach nur als Folge dieser gesellschaftlichen Auseinandersetzung zu verstehen. So entstehen „europäische Staatsapparate‑Ensembles“ (38) in der – mal in Konkurrenz, mal in Kongruenz – nationale und europäische Staatsapparate operieren und in denen Hegemoniekämpfe ausgetragen werden. Das Werk ist in vier Teile gegliedert. Während im ersten Teil Theorie und Methode – die historisch‑materialistische Politikanalyse (HMPA) – instruktiv erläutert werden, widmen sich die Autor_innen nachfolgend den Migrationspolitiken einzelner EU‑Mitgliedstaaten (Deutschland, Spanien und Großbritannien), der Entstehung des europäischen Grenzregimes sowie dem Verhältnis zwischen Migrations‑ und Arbeitsmarktpolitik. Durch die gemeinsame theoretische und methodische Grundlage zeichnen sich die Einzelstudien durch eine hohe kohärente Vorgehensweise aus und es werden Unterschiede und Gemeinsamkeiten, zum Beispiel in den nationalen Migrationspolitiken, deutlich. Eine Strategie der Staaten und (europäischen) Staatsapparate, die in fast allen Beiträgen herausgearbeitet wird, ist die der „Managed Migration“, die zumeist das konservative mit dem neoliberalen Hegemonieprojekt koppelt. Dabei wird die Begrenzung von (irregulärer) Migration von konservativer Seite mit der neoliberalen Forderung nach der gezielten Anwerbung von Migrant_innen als Arbeitskräfte verbunden und setzt soziale und alternative Hegemonieprojekte stark unter Druck. Andererseits zeigt sich in einigen Beiträgen, welche juridische Kraft NGOs und Initiativen im Konflikt mit staatlichen Akteuren um die Veränderung beispielsweise der Dublin II‑Regelung (Andreas Meyerhöfer et al.) oder mit Kritik an der „europäischen Grenzpraxis“ (188) im Hirsi‑Fall (Maximilian Pichl/Katharina Vester) entfalten können. Konstatiert werden kann, dass die Autor_innen durch den Fokus auf Konflikte und divergierende Kräfteverhältnisse viele neue Einsichten in das umkämpfte Feld der Migrationspolitik erarbeiten und die HMPA sich wohl in weiteren kritischen Gesellschaftsanalysen beweisen und von anderen weiterentwickelt wird.
Stefan Wallaschek (WAL)
Doktorand, Bremen International Graduate School of Social Sciences (BIGSSS).
Rubrizierung: 2.61 | 4.42 | 3.5 | 2.262 | 2.263 | 2.343 Empfohlene Zitierweise: Stefan Wallaschek, Rezension zu: Forschungsgruppe Staatsprojekt Europa (Hrsg.): Kämpfe um Migrationspolitik. Bielefeld: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36992-kaempfe-um-migrationspolitik_45483, veröffentlicht am 17.04.2014. Buch-Nr.: 45483 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken