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Frank Schumacher

Kalter Krieg und Propaganda. Die USA, der Kampf um die Weltmeinung und die ideelle Westbindung der Bundesrepublik Deutschland, 1945-1955

Trier: Wissenschaftlicher Verlag Trier 2000 (Mosaic 10); 332 S.; 32,98 €; ISBN 3-88476-344-X
Geschichtswiss. Diss. Köln; Gutachter: J. Heideking, J. Dülffer. - Im Verlauf der Fünfzigerjahre kamen vermutlich die meisten Bundesbürger auf die eine oder andere Weise mit amerikanischer Propaganda in Kontakt. Die Träger der propagandistischen Inhalte waren so vielfältig, dass sich den Botschaften kaum jemand entziehen konnte: Ausstellungen, Buch- und Zeitschriftenpublikationen, Radiosendungen, Flugblätter und Plakate wurden ebenso genutzt wie die Einrichtung der amerikanischen Kultur- und Informationszentren. In dieser Breite spiegelt sich jedoch lediglich die Vielfalt der Inhalte wieder: die Vorteile der europäisch-nordatlantischen Integration, Werbung für die friedliche Nutzung der Atomenergie, politische Unterstützung für Bundeskanzler Adenauer sowie antikommunistische Information und Werbung - um nur einige Beispiele zu nennen. Amerikanische Propaganda in Westeuropa und insbesondere Deutschland erfüllte laut Schumacher eine Doppelfunktion: "Sie sollte in ihrer anti-kommunistischen Stoßrichtung zur Destabilisierung und internationalen Isolierung des Gegners UdSSR beitragen und zugleich den Zusammenhalt der anti-kommunistischen Wertegemeinschaft gewährleisten." (13) Es überrascht, dass die amerikanische Führung bei der Erfüllung dieser strategischen Hauptziele in so hohem Maße auf propagandistische Mittel setzte, wie es der Autor schildert; denn Strategien der Meinungssteuerung wurden bis dahin in der amerikanischen politischen Kultur eher kritisch beurteilt und die Institutionalisierung der Propaganda als Mittel der Außenpolitik begann im Vergleich zu den europäischen Staaten erst außerordentlich spät. Dies sind die Rahmenbedingungen, innerhalb derer Schumacher in seiner aufschlussreichen Studie die Auslandspropaganda der USA, ihre Wechselwirkung mit der Außenpolitik im Kalten Krieg und ihre Funktion in der Deutschlandpolitik untersucht und bewertet. Nach Darstellung der Kernelemente der Propagandapolitik werden diese am Beispiel ihres Einsatzes in der Bundesrepublik Deutschland überprüft. Dabei stehen drei Aspekte im Vordergrund: die sicherheitspolitische Bedeutung der Demokratisierung Deutschlands für die USA, der Einfluss der westdeutschen öffentlichen Meinung auf die Außen- und Sicherheitspolitik der USA sowie die strategische Relevanz der Propaganda als Instrument der Systemerhaltung und der hegemonialen Macht (14). Schumacher zeigt deutlich, dass Auslandswerbung und die Auseinandersetzung um Meinungsführerschaft nicht einfach nur weitere Instrumente in der Auseinandersetzung während des Kalten Krieges waren, sondern auch aus ideengeschichtlicher Tradition - der Glaube an die Macht der öffentlichen Meinung - und strategischen Ansätzen der außenpolitischen Kultur der USA resultierten. Mit dieser Arbeit gelingt dem Autor ein interessanter Brückenschlag zwischen Geschichte und Politikwissenschaft. Er schreibt ein Stück Diplomatiegeschichte der Fünfzigerjahre, das gekennzeichnet ist durch den anti-kommunistischen, ideellen Kampf der Amerikaner auf europäischem Boden. Die analytische Darstellung der Propaganda als Mittel der Außenpolitik bietet aber auch für Politikwissenschaftler neue Einsichten.
Stefan Göhlert (SG)
M. A., Politikwissenschaftler, Protokollchef und Bürgerbeauftragter in der Verwaltung der Stadt Jena.
Rubrizierung: 4.22 | 2.313 Empfohlene Zitierweise: Stefan Göhlert, Rezension zu: Frank Schumacher: Kalter Krieg und Propaganda. Trier: 2000, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/15518-kalter-krieg-und-propaganda_17685, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 17685 Rezension drucken