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Bernward Gesang (Hrsg.)

Kann Demokratie Nachhaltigkeit?

Wiesbaden: Springer VS 2014; 162 S.; 24,99 €; ISBN 978-3-658-04894-5
„Sind unsere derzeitigen demokratischen Strukturen unfähig, Zukunftsverantwortung zu ermöglichen?“ (13) Die mangelnde Tatkraft beim Angehen drängender Probleme, die die Zukunft der Menschheit gefährden, wie der Klimawandel und die weiter wachsende soziale Ungleichheit, liegt für Herausgeber Bernward Gesang hauptsächlich an einem Politikversagen der Politiker und der Bürger: „Zu kurzfristig, zu egoistisch, zu populistisch ist unser System ausgerichtet, in dem sogar eine grundlegende Rechtschreibreform schon ein Ding der Unmöglichkeit ist.“ (26) Zudem unterstellt er der Demokratie ein Qualifikationsproblem, bezogen auf „die Reagans und Bushs, die Tea‑Party‑Abgeordneten und Berlusconis, die in der Demokratie immer wieder an die Macht kommen und immensen Schaden anrichten“ (21). Die von ihm vorgestellten Lösungsvorschläge – Stärkung der Basisdemokratie durch eine Ausweitung der Volksentscheide, die Einführung von direkt gewählten, parteiunabhängigen Zukunftsräten als dritte parlamentarische Kammer oder der Einsatz von Ombudspersonen sowie die Aufnahme von Generationengerechtigkeit als Staatsziel in die Verfassung – werden im Verlauf des Bandes diskutiert. So warnt Hans Joachim Schellnhuber davor, zu viel Hoffnung in die direkte Demokratie zu setzen, da es „den Bürger ein bisschen überfordert, wenn man von ihm erwartet, dass er sich bei jeder Gelegenheit an allen Prozessen beteiligt“ (43). Stattdessen plädiert er dafür, im Parlament einige Sitze für Ombudspersonen vorzuhalten, die beispielsweise ein Vetorecht bei Gesetzen die Nachhaltigkeit betreffend besäßen. Die Politikwissenschaftlerin Tine Stein hebt den Stellenwert des Bundesverfassungsgerichts im politischen System Deutschlands hervor. Sie befürwortet einen erleichterten Zugang auch für ökologische Interessengruppen zum Gericht und die Einführung eines ökologischen Zukunftsrats mit aufschiebendem Vetorecht, dessen Mitglieder ein längeres, quer zu den Legislaturperioden liegendes Mandat ohne die Möglichkeit zur Wiederwahl innehaben: „Wie für die Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts bestünde dann […] die Chance, sich nicht nach den Mehrheiten des Tages ausrichten zu müssen und unabhängig von den Zwängen der Wettbewerbsdemokratie […] für mehr Zukunftsverantwortung zu sorgen.“ (60) Umsichtig und weitgreifend werden weitere Möglichkeiten diskutiert und Alternativen vorgestellt, um einen praktikablen gesamtgesellschaftlichen Gegenentwurf möglich scheinen zu lassen.
Simone Winkens (SWI)
M. A., Politikwissenschaftlerin, Online-Redakteurin.
Rubrizierung: 2.22.212.222.612.331 Empfohlene Zitierweise: Simone Winkens, Rezension zu: Bernward Gesang (Hrsg.): Kann Demokratie Nachhaltigkeit? Wiesbaden: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37381-kann-demokratie-nachhaltigkeit_45646, veröffentlicht am 07.08.2014. Buch-Nr.: 45646 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken