Skip to main content
Rainer Keil

Kants Demokratieverständnis und Ausländerwahlrechte heute. Eine Untersuchung demokratietheoretischer Aspekte der philosophischen Rechtslehre Immanuel Kants und der Möglichkeiten der Rekonstruktion von Argumenten zur Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Wahlrechten für Menschen ohne deutsche. Staatsangehörigkeit oder Statuszugehörigkeit in ihrem Lichte

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2006 (Studien zur Rechtsphilosophie und Rechtstheorie 42); 575 S.; brosch., 88,- €; ISBN 978-3-8329-1821-7
Rechtswiss. Diss. Heidelberg; Gutachter: Görg Haverkate. – In seinen Entscheidungen zum kommunalen Ausländerwahlrecht hatte das BVerfG, ausgehend von einer „schmittianisch“ verstandenen „Homogenität“, den Begriff des „Staatsvolks“ restriktiv ausgelegt. Inzwischen wurde infolge des Maastricht-Vertrags ein solches Wahlrecht zumindest für EU-Bürger in das Grundgesetz eingefügt (Art. 28) und auch das Staatsangehörigkeitsrecht novelliert. Die Diskussion um den Begriff des „Volks“ bleibt jedoch kontrovers. An diesem Punkt setzt die Arbeit von Keil an. Grundlage ist die Annahme, dass die rechtlichen Probleme solch zentraler Verfassungsbegriffe nicht binnenjuristisch, sondern nur mithilfe staatstheoretischer Vorverständnisse, deren Offenlegung und argumentativer Abwägung gelöst werden können. Aus politikwissenschaftlicher Sicht ist dies von besonderem Interesse, da es die Relevanz politischer Philosophie/Theorie für die Verfassungsauslegung mehr als deutlich macht. Keil sucht nun die Frage des „Ausländerwahlrechts“ mithilfe der Demokratietheorie Kants zu beantworten, der – wie später die „Wiener Schule“ des „Neukantianers“ und Schmitt-Gegners Hans Kelsen – den Begriff des Bürgers normativ über die „Rechtsgemeinschaft“ verstanden hat. Danach ist das Wahlrecht „demokratischer Reflex“ der Herrschafts- bzw. Normunterworfenheit: Wer dauerhaft den Gesetzen eines Landes unterworfen ist, muss auch Einfluss auf deren Entstehung haben, also insbesondere über das Wahlrecht demokratisch partizipieren können. Keil kommt so u. a. zu dem Ergebnis, dass schon bei der jetzigen Verfassungslage die „Einbeziehung von Drittstaatern in Wahlen und Abstimmungen auf kommunaler Ebene ernstlich zu erwägen (ist)“ (525). Bezüglich der Parlamentswahlen auf Landes- und Bundesebene hält er aus dieser staatstheoretischen Perspektive einen Wechsel „der Staatsangehörigkeit mit dem Wechsel des Wohnsitzes in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union“ (526) für die klarste Lösung.
Robert Chr. van Ooyen (RVO)
Dr., ORR, Hochschullehrer für Staats- und Gesellschaftswissenschaften, Fachhochschule des Bundes Lübeck; Lehrbeauftragter am OSI der FU Berlin sowie am Masterstudiengang "Politik und Verfassung" der TU Dresden.
Rubrizierung: 2.32 | 2.332 | 5.33 | 5.41 Empfohlene Zitierweise: Robert Chr. van Ooyen, Rezension zu: Rainer Keil: Kants Demokratieverständnis und Ausländerwahlrechte heute. Baden-Baden: 2006, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/26591-kants-demokratieverstaendnis-und-auslaenderwahlrechte-heute_30993, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 30993 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken