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Manfred Liebel, unter Mitarbeit von Antje Bretschneider, Lourdes Cruz Sánchez, Chamella-Franziska Keriakes, Vanessa Masing, Philip Meade, Lea Reinke, Hella Schleef, Till Schuller, Britta Segebrecht und Üwen Ergün

Kinderinteressen. Zwischen Paternalismus und Partizipation

Weinheim/Basel: Beltz Juventa 2015; 393 S.; 29,95 €; ISBN 978-3-7799-3272-7
Infolge der Beratungen über die UN‑Kinderrechtskonvention, die 1990 in Kraft trat, haben die Interessen von Kindern verstärkt Aufmerksamkeit gefunden. Manfred Liebel, bis 2005 Professor für Soziologie an der TU Berlin, beschreibt diese als vielfältig, die sich je nach Lebenserfahrung, Alter sowie Lebenslagen und Situationen, in denen sich die Kinder befinden, unterscheiden. Er versteht sie als prozesshaft und stets darauf ausgerichtet, einen Zustand des „Wohlbefindens“ zu erreichen. Danach haben „Kinder einen Anspruch auf ein Leben in Würde und die fundamentalen Menschenrechte“ (161). Sie sollten die Möglichkeit erhalten, „zu definieren und darauf Einfluss zu nehmen, was ihrem Wohl dienlich ist oder was ihr Wohl gefährdet“ (113). Denn Erwachsene tendierten dazu, „die Vorstellungen der Kinder von ihrem Wohl gering zu schätzen und ihnen mangelndes Urteilsvermögen zu unterstellen“ (114), so der Autor. Um dem entgegenzuwirken, sei der Begriff des Interesses hilfreich – sowohl bezogen auf das einzelne Kind als auch auf Gruppen von Kindern. Er plädiert für ein Verständnis von Freiheit, das über „Wahlen hinausgeht und bis zu grundlegender Mitwirkung bei Entscheidungen auf allen Ebenen des menschlichen Lebens reicht“, was die „Vision einer gerechten Gesellschaft“ einschließt, in der „die Menschen ein Maximum an sozialer Gleichheit“ (129) und Anerkennung und gleichen Zugang zu Rechten genießen können – das gelte sowohl für Kinder als auch Erwachsene. Liebel geht auf Initiativen und Institutionen ein, die in Deutschland und Österreich durch Erwachsene ins Leben gerufen wurden und der Vertretung von Kinderinteressen im öffentlich‑politischen Raum auf verschiedenen politischen Ebenen dienen. Wichtig sei es, dass die Interessenvertretung nicht stellvertretend für die Kinder ausgeübt werde, sondern sie sollte es den Kindern erleichtern, ihre Interessen selbst zu vertreten, weshalb „selbstständige Organisationen von Kindern“ (360) angestrebt und gefördert werden sollten. Wichtig sei eine andere Partizipationskultur, die es Kindern ermöglicht, an allen sie betreffenden Entscheidungen maßgeblich mitzuwirken. Für die Artikulation der Interessen von Kindern sei das in der Gesellschaft insgesamt vorhandene soziale Klima von Bedeutung. Für erstrebenswert hält der Autor eine Gesellschaft mit einer spezifischen Kinderrechtskultur, in der „zwar die untergeordnete Stellung der Kinder noch nicht überwunden“, aber ihnen zumindest attestiert wird, dass sie „wie alle anderen Menschen darauf Anspruch haben, dass ihre Menschenwürde geachtet wird“ (80).
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Rubrizierung: 2.222.12.42.33 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Manfred Liebel, unter Mitarbeit von Antje Bretschneider, Lourdes Cruz Sánchez, Chamella-Franziska Keriakes, Vanessa Masing, Philip Meade, Lea Reinke, Hella Schleef, Till Schuller, Britta Segebrecht und Üwen Ergün: Kinderinteressen. Weinheim/Basel: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39555-kinderinteressen_47391, veröffentlicht am 24.03.2016. Buch-Nr.: 47391 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken