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Henrike Schultze

Koalitionsauflösungen in Mittelosteuropa. Der Einfluss von institutionellen Regeln, parlamentarischen Parteienkonstellationen und Regierungsmerkmalen im Zeitraum von 1990-2011

Online-Publikation 2014 (http://opus.uni-lueneburg.de/opus/volltexte/2014/14308/pdf/Pflichtexemplar_HSchultze_2014-07-31.pdf); VII, 376 S.
Diss. Lüneburg; Begutachtung: F. Müller‑Rommel, J. v. Blumenthal. – Henrike Schultze hält stabile Regierungskoalitionen in Mittelosteuropa insofern für besonders relevant, als diese in den neu gebildeten parlamentarischen Systemen besonders häufig zu finden sind. Dabei geht sie von der Annahme aus, dass Koalitionen in den Demokratien Bulgariens, Estlands, Lettlands, Litauens, Polens, Rumäniens, der Slowakei, Sloweniens, Tschechiens und Ungarns eher instabil sind und fragt nach den Ursachen. Vorzeitige Auflösungen der Koalitionsregierungen sind dort deutlich häufiger als reguläre; im Untersuchungszeitraum, der sich von der erfolgreichen Regimetransition bis Ende 2011 erstreckt, hat Schultze insgesamt 92 Koalitionsauflösungen identifiziert. Mehr als zwei Drittel der Mehrparteienregierungsbündnisse in dieser Region fanden vorzeitig im Verlauf der Legislaturperiode ein Ende. Koalitionsbrüche seien häufiger zu beobachten gewesen als Rücktritte. Nur an einer Minderheit der Auflösungen seien auch oppositionelle Akteure beteiligt gewesen. Im Untersuchungszeitraum habe es eine große Pluralität verschiedener Regierungszusammensetzungen „von ideologisch homogenen minimalen Gewinnkoalitionen bis hin zu ideologisch diversen Minderheits‑ oder übergroßen Koalitionen“ (348) gegeben. Ein „erhöhtes institutionelles Instabilitätsrisiko für Regierungen“ (349) sei, so Schultze, eine Vorbedingung für eine höhere Wahrscheinlichkeit vorzeitiger Auflösungen. Außerdem: Koalitionsauflösungen in Mittelosteuropa finden durch Parteiakteure statt, „die zuvor eine negative Bewertung des Status quo vorgenommen hatten, [...wofür] vor allem Konflikte um office‑ und policy‑Interessen relevant waren, die häufig in Kombination auftraten“ (347). Eine hohe Zahl von Koalitionsparteien habe sich als relevant für das Auftreten von Koalitionsbrüchen erwiesen, sofern „ein erhöhtes institutionelles Instabilitätsrisiko und eine komplexere Parlamentsstruktur günstigere Bedingungen für regierungsintern beschlossene Auflösungen“ (349) geschaffen haben. Interessanterweise senkte eine erhöhte ideologische Diversität der Koalitionspartner die Wahrscheinlichkeit von Koalitionsbrüchen, beförderte aber Rücktritte. Die Instabilität von Koalitionen in den mittelosteuropäischen Staaten weist Parallelen zu den westeuropäischen Systemen auf, beobachtet die Autorin und stellt weiter fest, dass „eine zunehmende demokratische Konsolidierung nicht mit einer Abnahme vorzeitigen Koalitionsscheiterns zusammen[fällt]“ (6).
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Rubrizierung: 2.612.212.22 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Henrike Schultze: Koalitionsauflösungen in Mittelosteuropa. 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39628-koalitionsaufloesungen-in-mittelosteuropa_47328, veröffentlicht am 28.04.2016. Buch-Nr.: 47328 Rezension drucken