Skip to main content
Roger Engelmann / Thomas Großbölting / Hermann Wentker (Hrsg.)

Kommunismus in der Krise. Die Entstalinisierung 1956 und die Folgen. Hrsg. im Auftrag des Instituts für Zeitgeschichte und der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2008 (Analysen und Dokumente 32); 478 S.; geb., 32,90 €; ISBN 978-3-525-35052-2
„Der Entstalinisierungsprozess enthält markante Elemente sowohl der Kontinuität als auch des Wandels“, schreiben die Herausgeber. Und obwohl sich aus den Beiträgen keine Quintessenz ziehen lasse, könne grundsätzlich konstatiert werden, dass nach dem Tod Stalins der permanente Ausnahmezustand im Ostblock beendet worden sei. Festgestellt wird aber gleichzeitig, dass die „Kontinuitäten bei Herrschaftspersonal, Herrschaftsstrukturen und Ideologie erheblich“ (30) waren und die von der Entstalinisierung ausgelösten Veränderungsprozesse bald an ihre systemimmanenten Grenzen stießen. Darauf weist auch Foitzik in seinem Beitrag hin und macht darauf aufmerksam, dass Chruschtschow in seiner Rede auf dem 20. Parteitag Stalin nur moralisch für tot erklärte. Diese Erklärung sei in eine Zeit gefallen, als in den von der politischen Repression traumatisierten Satellitenstaaten der Lebensstandard gesunken sei – teilweise auf das Vorkriegsniveau. Da das System aber nicht angetastet werden sollte, seien von den diskutierten Zugeständnissen „nur kosmetische politische Korrekturen und neue sozial-ökonomische Pazifizierungsstrategien übrig“ (57) geblieben. Stabilisiert worden seien, so die These, die durch den Krieg und die politischen Experimente der Nachkriegszeit beschädigten nationalen Gesellschaften. Auch in den anderen Beiträgen ist die systemstabilisierende Funktion der Entstalinisierung nachzuvollziehen. In den Kapiteln über Geheimpolizei, Justiz und Strafvollzug, über Intellektuelle zwischen Parteibindung und Dissens sowie über Herrschaft und gesellschaftliche Konflikte werden die Entwicklungen im Einzelnen dargestellt. Großbölting beleuchtet außerdem die Auswirkungen der Ereignisse 1956 auf die kommunistischen Bewegungen in Westeuropa und charakterisiert zugleich die ungarische Revolution „als Beginn der Re-Europäisierung Ost-Mitteleuropas“ (249). Die Beiträge gehen auf eine Konferenz des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin und der Abteilung Bildung und Forschung der Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen 2006 in Berlin zurück.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.25 | 2.61 | 2.62 | 2.314 | 4.1 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Roger Engelmann / Thomas Großbölting / Hermann Wentker (Hrsg.): Kommunismus in der Krise. Göttingen: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/28714-kommunismus-in-der-krise_33861, veröffentlicht am 21.05.2008. Buch-Nr.: 33861 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken